Flucht und Migration: Bedrohung oder Chance

"Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." Ein einfacher Satz in Artikel 16a des Grundgesetzes von 1949, macht den Regierenden zunehmend seit 2015, demJahr der Flüchtlingskrise, Kopfzerbrechen. Denn seine Auslegung ist kompliziert und die praktische Anwendung birgt immer neue Schwierigkeiten. Wer kommt und wer darf bleiben? In der mittlerweile aufgeheitzten Debatte über Migration mehren sich die Rufe nach einer Begrenzung der Zuwanderung. Der Vorschlagskatalog enthält die Einschränkungen von Sozialleistungen, den Abbau von Hemmnissen für die Arbeitsaufnahme, die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten oder schärfere Grenzkontrollen. (ddp)

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Auf der Suche nach Schutz vor Verfolgung, Krieg und Not gelangen im Laufe des Jahres 2015 Hunderttausende Syrer, Iraker, Afghanen und Menschen anderer Nationalitäten nach Deutschland und in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

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In Deutschland entwickelt sich der starke Zuzug von Asylsuchenden ab Sommer 2015 zu einer Verwaltungs- und Infrastrukturkrise. Unterbringung und Versorgung zigtausender Geflüchteter bereiten den Ländern und Kommunen zunehmend Schwierigkeiten. Hier warten Geflüchtete vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) 2015 in Berlin.

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Nachdem Deutschland das Dublin-Verfahren für Menschen syrischer Herkunft aussetzt, nennt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Ende August 2015 die Bewältigung des starken Flüchtlingszuzugs eine "große nationale Aufgabe" und versichert: "Wir schaffen das."

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Inzwischen verweigert Ungarn den Flüchtenden die Weiterreise und errichtet an der Landesgrenze einen Grenzzaun. Um eine humanitäre Krise abzuwenden, entscheiden Deutschland und Österreich in einer konzertierten Aktion Anfang September 2015, Tausende Flüchtende und Migranten aufzunehmen. Im Bild: Hunderte Menschen, hauptsächlich aus Syrien und Afghanistan, sitzen seit Tagen auf dem Keleti-Bahnhof in Budapest fest und warten auf die Weiterreise nach Deutschland und Westeuropa.

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Ende September 2015 beschließen die EU-Staats- und Regierungschefs, die Hilfen zu erhöhen und 160.000 Flüchtende auf die Mitgliedsländer zu verteilen. Hier ein Konvoi bei Wegscheid an der Grenze zu Österreich.

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Der Bundestag beschließt Mitte Oktober 2015 ein neues Asylrecht. Menschen können nun leichter in die Länder Albanien, Kosovo und Montenegro abgeschoben werden. Außerdem sollen Asylbewerber möglichst nur Sachleistungen erhalten. Blick in den Plenarsaal während der Stimmabgabe der Abgeordneten am 15. Oktober 2015.

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Auf dem CSU-Parteitag Mitte November 2015 in München lehnt Bundeskanzlerin Merkel die CSU-Forderung nach einer Obergrenze für die Zuwanderung strikt ab.

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Ende Dezember sagt die Statistik: Im gesamten Jahr 2015 werden laut Bundeskriminalamt mehr als 1.000 Angriffe auf Asylunterkünfte begangen, darunter mehr als 90 Brandstiftungen. Hier der Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Tröglitz (Sachsen-Anhalt) im April 2015.

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Anfang März 2016 schließt nach Slowenien, Kroatien und Serbien auch Mazedonien seine Grenze für Flüchtende und andere Migranten. Damit ist die sogenannte Balkanroute, über die 2015 mehr als eine Million Menschen nach Deutschland und Österreich gekommen waren, praktisch unpassierbar.

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Im griechischen Flüchtlingscamp in Idomeni an der Grenze zu Mazedonien harren 14.000 Flüchtlinge zumeist in einfachen Zelten aus. Die Zahl der ankommenden Flüchtenden in Deutschland hat sich durch die Sperrung der Balkanroute drastisch reduziert.

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Auf dem EU-Sondergipfel am 18. März 2016 einigen sich die EU und die Türkei darauf, illegal in Griechenland ankommende Migranten, in die Türkei zurückzuschicken. Im Gegenzug soll für jeden zurückgenommenen Syrer ein anderer Syrer legal und direkt von der Türkei aus in die EU kommen. Dafür soll Ankara Milliardenhilfen erhalten. Hier der türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu (M) und der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk (R) neben Jean-Claude Juncker (L).

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Außerdem tritt das sogenannte Asylpaket II in Kraft, das unter anderem beschleunigte Asylverfahren, beispielsweise für Asylsuchende aus den als sicher geltenden Herkunftsstaaten und die Möglichkeiten des Familiennachzugs, neu regelt.

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Es folgen im Juli 2017 das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht und im August 2019 das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht.

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Die Coronavirus-Pandemie im Jahr 2020 hat auch Folgen für die Aufnahme der Flüchtenden. Im April 2020 stellten weniger als 9.000 Menschen einen Asylantrag in der gesamten EU.

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Mitte Oktober 2021 bringt der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko flüchtende Menschen an die Grenze der EU, als Reaktion gegen die EU-Sanktionen gegen das Land. Bis zu 20.000 Menschen harren ohne Aussicht auf Einreise an der Grenzregion zu Polen aus.

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Kurz nach Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine suchen Hunderttausende Ukrainer Schutz in Deutschland. Im September 2023 halten sich hierzulande allein 1.086.357 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf.

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Auch über das Mittelmeer gibt es seit Jahren sowohl Flucht- als auch Migrationsbewegungen. Gründe für die Flucht bzw. Migration sind schlechte Lebensbedingungen oder kriegerische Konflikte in den afrikanischen Heimatländern der Migranten. Laut der UNHCR sind im Jahr 2023 bisher 180.000 Migranten übers Mittelmeer in Europa angekommen. 130.000 davon wurden laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat in Italien registriert. Das Ringen um eine EU-Asyl-Krisenverordnung geht weiter.

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Im Kampf gegen Schleuser vereinbart die Europäische Union mit Tunesien ein Abkommen gegen die Migration über das Mittelmeer. Unklar ist aber noch, ob der Pakt bei der Flüchtlingsaufnahme eine entlastende Wirkung entfaltet. Hier Tunesiens Präsident Kais Saied mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Tunis im Juli 2023.

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Auf der italienischen Insel Lampedusa kommen im September 2023 ungewöhnliche viele Flüchtende auf Schlepperbooten an. In nur drei Tagen sind 10.000 Personen angelandet. Die kleine Insel mit rund 4.500 Einwohnern ist mit der Aufnahme überfordert und ruft den Notstand aus.

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Seit dem Jahr 2014 bisMitte September 2023 sind rund 28.090 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Das Mittelmeer bleibt nach den Zahlen des UNHCR auch weiterhin die tödlichste Migrationsroute der Welt.

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In Deutschland leben am 30. Juni 2022 2,9 Millionen geflüchtete Menschen – so viele wie noch nie in der Nachkriegszeit. Von den insgesamt 304.308 ausreisepflichtigen Ausländern in Deutschland am Ende des Jahres 2022 waren 248.145 geduldet.

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Die EU-Innenminister und Innenministerinnen verlängern Ende September 2023 in Brüssel die Sonderregeln für Flüchtende aus der Ukraine. Sie können demnach mindestens bis März 2025 problemlos in der EU bleiben. EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas (L) im Gespräch mit Frontex-Direktor Hans Leijtens in Brüssel.

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Bundeskanzler Olaf Scholz äußert sich im September 2023 zuversichtlich über eine EU-Asylreform: Das Gemeinsame Europäische Asylsystem, das einen Solidaritätsmechanismus zur Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen vorsieht, soll verabschiedet werden.

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Mit seiner Äußerung zu Arztbehandlungen für Asylbewerber entfacht der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz zuletzt Ende September 2023 eine Debatte über Einwanderung und erntet vielfach Kritik und Empörung.