Plötzlich zu dritt: Warum watson die Chefredaktion vergrößert

Wir haben die Künstliche Intelligenz gefragt, wie die neue Chefredaktion von watson aussieht. Unsere Einschätzung: Hat fast gut geklappt.

Swen ist Chefredakteur von watson. Er findet seinen Job so gut, dass er auch noch eine Kolumne über ihn schreibt. Hier berichtet er von schönen, traurigen und kuriosen Erlebnissen.

Die meisten Beobachtungen und Erlebnisse in meiner Kolumne sind anonymisiert. Du liest schließlich watson und schaust nicht Reality-TV.

Heute ist das anders. Denn in diesem Text möchte ich einen konkreten Schritt erklären – und damit einen Einblick geben in die Gedankenwelt von Führungskräften, wenn sie Entscheidungen treffen.

Es geht um die Erweiterung unserer Chefredaktion. Bisher bestand sie aus Ronja Brier und mir. Das reimt sich, und was sich reimt, ist gut. Doch in diesem Fall glaube ich, dass es noch besser geht. Denn wir sind plötzlich zu dritt: Unsere Newschefin Jana Buch wurde, das haben wir nun öffentlich gemacht, zum Mitglied der Chefredaktion ernannt.

Vorausgegangen ist eine Erkenntnis: Jana ist eine hervorragende Führungskraft, der wir eine Perspektive bieten wollen, weil ihre Reise bei uns noch nicht beendet ist. Natürlich spielt das Ziel der langfristigen Mitarbeiterbindung eine wichtige Rolle. Doch das ist in solch einem Fall nicht der einzige Aspekt. Im Gegenteil.

Hier kommen sieben Gedankengänge auf dem Weg zu meiner Entscheidung.

1. Ich möchte gezielt Verantwortung delegieren

Gute Führung bedeutet für mich auch, Verantwortungen abzugeben. Loszulassen. Zu delegieren. Kolleg:innen zu empowern. Genau das mache ich mit diesem Schritt, werde aber mit Rat und Tat zur Seite stehen. Denn natürlich muss man Kolleg:innen an einen solchen Posten heranführen, damit sie mit den Aufgaben wachsen können.

Hinzu kommt: Eine dritte Person in der Chefredaktion wird die anderen beiden entlasten. Wir können Aufgaben neu verteilen. Ich spare mir zwei, drei Meetings pro Woche, die Jana in Zukunft alleine machen kann. Und ich habe nach der Restrukturierung in Zukunft weniger Direct Reports, also Menschen, deren direkter Vorgesetzter ich bin, als bisher. All das schafft Freiräume und Zeit, die ich benötige, um die Redaktion an anderer Stelle voranzubringen.

Das ist übrigens Jana, von der ich hier die ganze Zeit schreibe.

1. Neue Impulse für ein eingespieltes Duo

Die bisherige Chefredaktion von watson ist im September zwei Jahre im Amt, ich bin's noch einmal acht Monate länger. Das ist keine Ewigkeit, aber doch eine ganze Weile. Und gerade weil ich das Gefühl habe, dass Ronja und ich ein bestens eingespieltes Team sind, bin ich froh, dass wir uns neue Impulse dazuholen, bevor wir irgendwann merken, dass wir womöglich eingerostet sein könnten.

Zudem entsteht durch die dritte Person ein Dreieckskonstrukt. Nun kann's passieren, dass in Diskussionen von Entscheidungen im kleinsten Kreis gleich zwei Menschen nicht (m)einer Meinung sind. Was mir ab und zu auch mal guttut.

Ich bin mir sicher, dass uns eine dritte Perspektive in einigen Debatten voranbringen wird.

1. Eine weitere Entscheiderin fürs Team

Am Newsdesk muss es oft schnell gehen. Weshalb die Kolleg:innen dort selbstredend oft selbst entscheiden dürfen oder gar müssen. Gleichzeitig gibt's immer wieder den Reflex, dass man die Chefredaktion dennoch über irgendwas informieren oder Maßnahmen absegnen lassen müsse. Durch die Beförderung unserer Newschefin in die Chefredaktion entfällt dieser Schritt, was uns am Ende beweglicher macht.

Das ist der Newsdesk von watson, wenn niemand da ist. (Also nie.)

Hinzu kommt: Kolleg:innen aus anderen Teams haben eine weitere Entscheiderin, die sie im Zweifel um Rat fragen können. Und zwar eine, die deutlich öfter mitten im Newsroom sitzt und jeden tagesaktuellen Vorgang besser kennt als ich, der an manchen Tagen qua Amt eben doch von Termin zu Termin rennt.

1. Verbotener Gedanke: Wie ist das mit der Nachfolgerin?

Mir ist schon klar: Wenn ich das hier jetzt aufschreibe, wird es Menschen geben, die es missverstehen könnten. Daher, in aller Deutlichkeit: Ich habe absolut nicht vor, watson zu verlassen. Und habe keinerlei Indizien, dass unsere stellvertretende Chefredakteurin einen solchen Schritt plant.

Dennoch: Keiner weiß, wie das Leben spielt. Und wenn man eine geeignete Kandidatin hat, finde ich es nur logisch, sie maximal zu fördern. Ja, mein Ziel muss es sein, Jana so zu fördern, dass sie irgendwann aus dem Stand Ronjas Job machen könnte. Ebenso, wie das für Ronja mit meinem Posten gelten muss.

1. Wir zeigen: Bei uns kann man sich entwickeln

Einst Tellerwäscher:in, heute Millionär:in? Das ist kein Karriereweg bei watson. Erstens, weil wir eine Spülmaschine haben. Zweitens, weil man im Journalismus keine Millionen verdient. (Okay, der war flach.) Aber: Ich hoffe, dass die Branche und damit auch ambitionierte Bewerber:innen erkennen, welche Entwicklungsmöglichkeiten man bei uns haben kann.

Ich erkläre intern und extern immer wieder unser Ausbildungs- und Weiterbildungssystem, mache deutlich, wie ich versuche, die eigenen Leute gezielt zu fördern – ob nun horizontal oder vertikal. Mit der aktuellen Entscheidung haben wir bewiesen: Bei watson kann man als Redakteurin anfangen und drei Jahre später Mitglied der Chefredaktion sein.

1. Mehr Möglichkeiten auch für die Kolleg:innen

Durch die Beförderung der einen Person entstehen Freiräume für andere: Jana wird in Zukunft ein paar Dienste mehr für Projekte und die Orga machen müssen. Was im Alltagsgeschäft die Zahl der Tage erhöht, an denen sie nicht proaktiv als Chefin vom Dienst am Newsdesk mitmischt. Das schafft Gestaltungsmöglichkeiten für andere. Und die Option, ein, zwei weitere stellvertretende CvDs zu implementieren.

1. Ist sie wirklich die Richtige für den Job?

Und dann war da natürlich noch die Frage: Was braucht's, um Teil einer Chefredaktion zu sein? Und glauben wir wirklich, diesen Schritt mit Jana gehen zu können?

Das Knifflige im Journalismus ist:Je höher die Führungsposition, desto weniger bist du im Alltag mit redaktioneller Arbeit befasst. Vielmehr geht's um Strukturen, um Führung, um den (wirtschaftlichen) Erfolg, Repräsentation, Kontaktpflege, Kommunikation, Feedback, Strategie und Zukunftsentscheidungen. Und ja, nebenher beschäftigst du dich auch noch mit Journalismus.

Meldung

Viele Medienhäuser haben lange Zeit ihre besten Schreiber:innen zu Chef:innen gemacht. Doch die sind nicht zwangsläufig die besten Führungskräfte.

Mein Job ist es, einen Rahmen zu schaffen, in dem das Team bestmöglichen und erfolgreichen Journalismus mit Inhalten füllen kann. "Kann sie das?", habe ich mich natürlich gefragt, bevor ich Jana von meinem Plan erzählte. Meine Antwort ist: Ja.

Hinzu kommt: Wir wissen, dass Jana aus voller Überzeugung eine watsonian ist. Sie steht hinter dem, was wir tun: Wir machen Nachrichten für junge Menschen ohne Bezahlschranke. Das hilft. Denn was man in der Chefredaktion ebenfalls benötigt ist das bildlich gesprochene breite Kreuz. Und die Loyalität zum Team, zum Rest der Chefredaktion und zum Markenkern deines Mediums.

Am Ende waren wir uns alle einig: Wir machen das jetzt. Ob's eine gute Idee war, weiß ich in ein paar Monaten bis Jahren. Fakt ist schon jetzt: Ich habe mir genügend Gedanken gemacht, ehe ich mich zu diesem Schritt entschieden habe.