Der Lack ist ab: Deshalb sinken beim iPad die Verkaufszahlen

Schon nächste Woche könnte Apple neueiPad Pro-Modelle vorstellen. Erwartet wird ein neues iPad Pro mit OLED-Display und und ein neues iPad Air 12,9. Einen Nachfolger des iPad 10 und iPad Mini hat Bloomberg für den Herbst vorhergesagt.

Für neue iPad-Modelle ist es wohl höchste Zeit, denn Apples Tablets sind längst nicht mehr so beliebt, wie sie einmal waren. Kurz vor der Vorstellung der neuen iPad-Modelle scheinen Apples Verkaufszahlen am Boden zu sein. Das iPad scheint einfach nicht mehr so begehrt zu sein wie früher und neue Konzepte wie die Vision Pro könnten das iPad einmal ablösen.

Als Apple 2010 das erste iPad vorstellte, war das 499-Dollar-Tablet eine Sensation und ein großer Erfolg. Apple hatte mit dem iPad die Produktkategorie Tablets neu erschaffen und dominiert sie bis heute. Seit einigen Jahren scheint der Charme der vielleicht allzu vertrauten Geräte aber etwas abzubröckeln. Schuld ist auch die Modellpolitik. Schon das iPad 10 sorgte 2022 ob vieler Einsparungen eher für Irritationen, ebenso die immer höheren Preise der iPad-Pro-Modelle.

Macbook schlägt iPad – oder doch nicht?

So fragte sich kürzlich ein Kollege aus der Macworld-Redaktion “Neue iPads stehen unmittelbar bevor. Na und?”. Auch Ben Lovejoy von 9to5Mac listete kürzlich “The five reasons I hardly use an iPad any more” auf. Aber auch im Redaktions-Alltag sieht der Autor immer öfter Kollegen mit Macbook statt iPad. Hat das iPad an Beliebtheit verloren?

Ich nehme an, das iPad scheint eine Art von Hype-Zyklus durchlaufen zu haben – in der Wahrnehmung vieler Anwender gab es anfangs große Euphorie über das neue Konzept – nach dem Motto „ein iPad ersetzt alle anderen Geräte“ kam es auch oft zu Übertreibungen. Heute sieht man die Stärken und Schwächen des iPads vermutlich einfach realistischer.

Die Arbeit mit Final Cut Pro ist auf dem iPad möglich, auf einem iMac aber doch effektiver.

Apple

Erster Grund: Ein iPad kann Mac ersetzen, das ist aber nicht immer sinnvoll

Ob ein iPad ein Macbook ersetzen kann, diskutieren Apples Fans und Kunden schon seit Erscheinen des iPads – das läuft eigentlich immer auf ein „eigentlich schon, aber“ hinaus. Meine Meinung: Ein iPad ist eine tolle Ergänzung zu einem Desktop-Rechner, sei es ein Mac Mini oder iMac, aber kein vollwertiger Ersatz für einen Haupt-Rechner. Ideal ist es eher als “Sidekick” für Recherchen, in der Schule oder auch für das heimische Sofa – und das ist eigentlich schon sehr viel!

Mit einem iPad kann man vielleicht alles tun, was man mit einem Macbook macht, oft aber etwas langsamer und unkomfortabler. Für den produktiven Einsatz ist ein Mac mit Tastatur aber meist einfach die effizientere Plattform – trotz Apple Magic Keyboard.

Aktuell bester Preis: iPad 10

Zweiter Grund: iPadOS kann noch immer nicht mit macOS mithalten

Das liegt teilweise am Betriebssystem, dem aus iOS hervorgegangenem iPadOS, das auf die Nutzung einzelner Apps optimiert ist. Stärke von iPadOS ist die Benutzung per Touchscreen auf einem kleinen Bildschirm und die hohe Mobilität. Anders als beim Macbook kann man aber nicht so einfach mit mehreren offenen Apps und dutzenden offenen Fenstern jonglieren – trotz Stage Manager und SplitView.

Dritter Grund: Viele Arbeitsprogramme sind für Desktop-Systeme konzipiert

Oft liegt es aber weniger am iPad als an den Arbeitsprogrammen, die man nutzen muss. Diese sind größtenteils noch immer für einen Anwender mit Maus, Tastatur und großem Bildschirm entworfen. Eine komplexe Anwendung wie WordPress oder Today am iPad-Bildschirm zu bedienen, ist möglich, aber oft einfach nicht effektiv.

Auch die Zusammenarbeit mit Desktop-Nutzern kann zum Problem werden, etwa wenn man der einzige iPad-Nutzer in einer Teams-Sitzung ist. Es gibt zwar iPad-Versionen vieler Anwendungen, diese biete aber viel zu selten den vollen Funktionsumfang der Desktop-Lösungen.

Das iPad hat aber auch Stärken

Nun zum Gegenteil: Es gibt viele Aufgaben, für die ein mobiles iPad mit Touchbedienung besser geeignet ist als ein Macbook. Sei es das bequeme Lesen langer PDF-Dokumente, die Nutzung, während man in der S-Bahn steht, oder das schnelle Scannen der Rechnung und des Behörden-Briefs.

Will Apple das Macbook mit dem iPad ersetzen?

Man könnte sich auch die Frage stellen, ob Apple das Macbook überhaupt vollständig ersetzen will. Wir haben aber den Verdacht, dass Apple weiter beide Geräteklassen verkaufen will. So hat Cupertino nie auch nur versucht, das Macbook mit iPad-Funktionen zu versehen. Möglich wären schließlich ein Touchscreen, Pencil-Unterstützung, 5G oder eine unter den Bildschirm klappbare Tastatur wie bei HP und Lenovo.

Es wirkt fast ein wenig, als würde uns Apple sagen: Ätsch. Sie brauchen doch beides: ein iPad und einen Mac!

Aktuell bester Preis: iPad Air

Apple macht hohe Umsätze mit dem iPad

Geht es um den Niedergang des iPads, verweisen viele auf sinkende Verkaufszahlen. Hier scheint das iPad wirklich auf dem „absteigenden Ast“ zu sein. Zuerst kommt das iPad in Mode und alle wollen es haben – der Höhepunkt der iPad-Umsätze war wohl das Jahr 2013. Hier konnte Apple stolze 97 Millionen Tablets verkaufen.

Die Kurve erinnert an den weiter oben schon erwähnten Hype-Zyklus. Gemeint ist damit der klassische Entwicklungszyklus bei neuen Produkten und Technologien. In der öffentlichen Meinung beginnt ein Hype, der in einer Art Enttäuschung mündet. Erst dann wird das Produkt nüchtern betrachtet und kommt wieder in Mode. Beim iPad sieht man aber ein typisches Muster sehen, wenn man die Verkaufszahlen der letzten Jahre ansieht.

(Bei den Zahlen ist Apple leider sehr verschwiegen und wir sind auf mehrere Quellen und Schätzungen angewiesen)

Die Umsätze mit iPads blieben recht stabil.

IDG

Es begann bombastisch und die Verkaufszahlen stiegen bis 2013 rasant. Danach kam aber ein deutlicher Abschwung mit einem Tiefpunkt 2018 – in diesem Jahr verkaufte Apple plötzlich nur noch 43,5 Millionen Geräte. Im Jahr 2020 – mithilfe eines kleinen Virus – stiegen die Verkäufe aber wieder abrupt und blieben auch 2023 auf hohem Niveau.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Sinkende Verkaufszahlen bedeuten nicht automatisch auch sinkende Umsätze. Weit stabiler blieben nämlich für Apple die Umsatzzahlen. Diese verlaufen sehr stabil, wie unsere Grafik zeigt. Aktuell sogar wieder auf dem gleichen Niveau wie 2013. Offensichtlich ist es Apple gelungen, die Durchschnittspreise seiner iPads anzuheben und die sinkenden Verkaufszahlen mehr als auszugleichen. Zusätzlich hat die Technik eine Art Plateau erreicht und die iPads bleiben lange Jahre im Einsatz.

Leider wird das iPad dadurch immer mehr zu einer Art Luxus-Produkt, vor allem das iPad Pro hat leider bereits das Macbook Air beim Preis eingeholt. Ein anderer Aspekt: Mit den eigenen ARM-CPUs ist auch das Macbook viel attraktiver geworden und macht bei Mobilität und Akkulaufzeit dem iPad Konkurrenz.

Blicken wir aber ein paar Jahre zurück: Der Erfolg des iPad lag auch an den Defiziten vieler alter Intel-Notebooks – vor zehn Jahren waren dies klobige, lärmende Geräte mit hohem Gewicht, die lahm reagierten und miese Akkulaufzeit aufwiesen. Das galt selbst für Macbooks mit Intel-Chip.

Ein aktuellesMacbook Air mit M3-Chip steht einem iPad da nicht mehr nach. Es ist nach dem Aufklappen sofort aktiv, arbeitet lautlos, bietet erstklassige Leistung und Akkulaufzeit – und eine erstklassige Tastatur. Auch das Gewicht ist kein Schwachpunkt mehr. Mehr noch: Nutzt man sein iPad mit Apples Magic-Tastaturen, ist diese Kombi plötzlich schwerer und klobiger als ein Macbook!

Fazit

Für Apple läuft es beim iPad wohl besser, als die Verkaufszahlen verraten. Der Hype in den Medien ist wohl vorbei, das iPad hat aber seinen Platz bei den Nutzern gefunden.

Noch immer ist das iPad sehr profitabel, meiner Meinung nach sollte Apple es mit Preisanhebungen nicht übertreiben. Bei den neuen iPads Pro von 2024 dürfen wir einen satten Preissprung erwarten. Und damit könnte Apple den Bogen dann doch etwas überspannen.