Smarter Ring von Pearl im Test: Fitnesstracker mit SOS-Funktion dient als Negativbeispiel

Auf den ersten Blick

Unsere Wertung

Pro

  • Zuverlässige Messung von Puls und Schritten
  • Plausible Ergebnisse für Blutsauerstoff und Körpertemperatur
  • In Silber oder Gold erhältlich
  • Günstig
  • In fünf Größen verfügbar: 57, 63, 65, 68, 70

Kontra

  • App fehlerhaft und sehr schlecht lokalisiert
  • Erratische smarte Steuerung und falscher Notruf
  • Klobig

Fazit

Zum Ausprobieren, ob man Funktionen der Apple Watch nicht auch kompakter nutzen möchte, könnte man den Ring heranziehen. Auf Dauer ist jede Apple Watch und auch jedes konkurrierende Fitnessgerät für das Handgelenk besser. Das liegt vor allem an der Software.

Wer eine Apple Watch nutzt – oder ein Pendant für Android-Phones oder irgendeine Fitnessuhr – wird den von Pearl vertriebenen Ring des chinesischen Herstellers namens Newgen Medicals nicht benötigen.

Wessen Handgelenk aber ein edles mechanisches Modell ziert oder einfach blank bleibt, findet in dem Ring eine Möglichkeit, einige Gesundheitsparameter zu messen und zu überwachen. Mir hat der Ring aber wenig Spaß gemacht – und das nicht nur, weil ich praktisch von Anfang an eine Apple Watch trage.

Angeblich soll Apple an einer ähnlichen Lösung arbeiten, vielleicht für die iPhone-Nutzer und -Nutzerinnen, die lieber eine andere oder gar keine Uhr respektive Fitnessarmband tragen. Der Fitnessring mit Schlaftracker, smarter Steuerung und SOS-Funktion verspricht, mittels Dioden den Puls und den Blutsauerstoff zu messen.

Ein Beschleunigungssensor zählt die Schritte und will zusammen mit den anderen Sensoren wie einen Thermometer die Schlafzeit und -qualität beurteilen. So weit, so unspektakulär.

Den Ring soll man laut Hersteller übriges bevorzugt am Zeigefinger tragen, dort seien die Messergebnisse optimal. Mit dem iPhone koppelt der Ring per Bluetooth, die App Aizo Ring nimmt die Werte entgegen, protokolliert und interpretiert sie.

Um meinen Zeigefinger passt der Ring gerade so, in der Befürchtung, ihn dann nicht mehr ohne Weiteres abzubekommen, ziehe ich ihn aber über den linken Ringfinger. Dort sitzt er zwar ein wenig locker, während des Tests geht er aber nicht verloren. Eine Größe größer als die getestete 63 wäre für meinen Zeigefinger vielleicht besser gewesen, prizipiell passt er aber auf meine eleganten und zarten Finger.

Aktuell bester Preis: Apple Watch Series 9

Shop Preis

$399 Jetzt ansehen Preisvergleich (über 24.000 Shops weltweit) Produkt Preis Preisvergleich von Backmarket

Plausible Messergebnisse, von Apple Watch weitgehend bestätigt

Die Messergebnisse sind hinsichtlich der Schritte, des Pulses und der Blutsauerstoffsättigung konsistent mit den von der Apple Watch erhobenen Daten – ich nutze eine Series 7.

Den Blutsauerstoff vermisst die Apple Watch ab Series 6 wie bekannt nicht mit für Medizingeräte geforderter Präzision, gleichwohl sind die Messwerte unter Umständen frühe Indikatoren für Infekte oder andere Probleme – habe ich zum Glück nicht ausprobieren können.

Was den Ring (noch) von der Apple Watch unterscheidet, ist eine quantitative Angabe der Temperatur. Die Apple Watch ab Series 8 und Ultra ist in der Lage, nach einigen Nächten zur Kalibrierung die Temperatur qualitativ zu messen und Warnungen auszugeben, wenn sie merklich über den ermittelten Wert steigt.

Der Pearl-Ring gibt gleich einen Wert an, der im gesunden Bereich liegt – Gegencheck mit Fieberthermometer ist wenig aussagekräftig, solange man gesund ist.

Links Apple Watch, rechts Fitnessring …

Macwelt

… die Ergebnisse sind konsistent

Macwelt

Gegenüber der Apple Watch hat der Pearl-Ring aber einen unschlagbaren Vorteil: Mit einer Ladung hält er etwa vier Tage lang durch, davon können Uhrenträger nur träumen. Auf das Ladegerät aufgelegt, das man die USB-A an ein Netzteil oder eine Computerbuchse anschließt, ist der Ring in spätestens zwei Stunden wieder aufgeladen.

Unruhiger Schlaf, wenig aussagekräftig protokolliert

Über die Sensoren kann ich also nicht klagen, für ein Fitness-Gadget liefert sie ausreichend akkurate Werte. Nach der zweiten Nacht klage ich aber über die Hardware: Der an der linken Hand getragene, recht dicke und gar nicht mal so leichte Ring verursacht leichte Schmerzen, die erst vergehen, wenn ich ihn wieder abnehme.

Nocebo-Effekt? Vielleicht, ich bekomme aber keine Probleme, trage ich mal ausnahmsweise die Apple Watch im Bett, das fühlt sich nur ungewohnt an, aber nicht wie schmerzende Fingergelenke.

Was mir aber wirklich Pein bereitet, ist die iPhone-App, die sich mit dem Ring koppelt. Hier erkennt man, dass die Entwickler vor allem an der Lokalisierung gespart haben, die Übersetzungen sind schlicht grauenhaft und nur gerade so noch verständlich. Umschalten auf Englisch verbessert die Situation ein wenig und macht vieles in der App klarer.

Von der teils drolligen Übersetzung mal abgesehen, sind die von der App ausgewerteten Daten an einigen Stellen recht seltsam.

Macwelt

Von der lieblosen Übersetzung abgesehen, ist die App aber reichlich wirr und überladen, die Prozentwerte, die sie für die allgemeine Fitness ausspuckt, erscheinen vollkommen willkürlich. Die Schlafenszeiten passen auch nicht so recht, da hatte selbst die Apple Watch, zu deren größten Stärken die Schlafvermessung eher nicht gehört, bessere und nachvollziehbarere Daten geliefert.

In die Health-App schreibt der Ring keine Ergebnisse – und nachdem ich ihn wieder etliche Tage lang abgelegt hatte, finde ich die einmal erhobenen Daten nicht mehr.

Smarte Steuerung und SOS – nur mit Vorsicht genießen

Neben der Überwachung der Gesundheitsparameter, verspricht der Ring weitere Aufgaben zu erledigen, für die man sonst gerne die Apple Watch heranzieht. Beispielsweise die Erinnerungen an die Einnahme von Medikamenten.

Anhand der Beschreibung in der App hätte ich mir mehr erwartet, ein deutliches Aufleuchten des Ringes, wenn es an der Zeit ist, die Schmerztablette nachzulegen etwa. Die winzige weiße LED auf der Touchfläche des Rings lässt sich leicht übersehen, wenigstens meldet sich die App auch mit einer Mitteilung auf dem iPhone – und damit auch der Apple Watch. Nur: Wie entfernt man die Benachrichtigungen wieder aus der App? Das lässt mich etwas ratlos zurück.

Interessant sind aber die Optionen, die man über den App-Reiter „Smart Life“ (“Die Weisheit des Lebens” auf Deutsch. Auweia!) einstellen kann. Denn die beiden Touchoberflächen auf dem Ring sind nicht nur so da, sondern haben einen Zweck.

In der App kann man eine rudimentäre Steuerung der Musik-App auswählen: Titel abspielen und stoppen, vorwärts und zurück, mit etwas längerem Auflegen des Daumens auf die Fläche oder einem Vor- und Zurückwischen über sie.

Auch eine Möglichkeit: Mit einem Druck auf die Fläche den Auslöser der Kamera bedienen. Nur lässt sich immer nur eine App ansteuern, Umschalten über die Aizo-Ring-App vonnöten.

Und eine Lese-App, die durch ein Buch blättert, wenn man an dem Ring wischt, habe ich auf dem iPhone nicht gefunden, weder iBooks noch Kindle reagieren. Mir erschließt sich auch nicht ganz der Sinn, beim Lesen halte ich das iPhone in der Hand, an der auch der Ring steckt, wie sollte ich dann mit dem Daumen über die Fläche wischen können.

Wären Ring und iPhone in unterschiedlichen Händen, ist mit dem ausgestrecktem Finger immer bequemer umgeblättert.

Aktuell bester Preis: Apple Watch Series 7

Shop Preis

$399 Jetzt ansehen Preisvergleich (über 24.000 Shops weltweit) Produkt Preis Preisvergleich von Backmarket

Wo sind meine Daten abgeblieben?

Trainings bietet die App dreierlei an, Laufen, Gehen und Radeln – jeweils Indoor und Outdoor. Während die Apple Watch selbstständig erkennt, ob man sportelt und auch gut zwischen Laufen, Gehen und Radeln unterscheiden kann, muss man das Training in der Aizo-Ring-App manuell starten und auch wieder beenden.

Brav fragt die App, ob sie auf die Fitness-Einträge des Systems zugreifen darf, macht davon aber keinen Gebrauch, als ich im Büro angekommen bin. Die 55 Minuten seien eine zu kurze Zeit gewesen respektive die 16 Kilometer eine zu kurze Strecke, da lohne sich ein Protokoll nicht. Wurden Sie schon mal von einem Fitnessgerät gedisst? Das gibt Abzüge in der B-Note!

Mit dem Ring kann man auch den Notruf aktivieren, wenn die Funktion eingeschaltet ist, ruft das verknüpfte iPhone nach neunmaligem Heben und Senken der Ringhand oder einer komplizierten kombinierten Wisch- und Druckgeste den Rettungsdienst und informiert die Notfallkontakte.

Grundsätzlich verlasse ich mich lieber auf die Sensoren von iPhone (ab Modellreihe 14) und Apple Watch. Die rufen die 112 auch dann, wenn ich die Hand nicht mehr neunmal auf und ab bewegen kann.

Ganz im Gegenteil sollte man die Einstellung des Notrufs besser gar nicht erst anfassen. So löste bei mir der Ring aus unerfindlichen Gründen – versehentlich kann ich die komplizierte Kombination nicht ausgelöst haben – den Notruf aus.

Glücklicherweise habe ich mitbekommen, wie die Leitstelle abnahm, so konnte ich Entwarnung geben. Die 112 ist derartigen Kummer gewohnt, nicht erst seit iPhone 14 und Apple Watch 8. Ich konnte auch noch rechtzeitig die Benachrichtigung meiner Notfallkontakte unterbinden, die hatte ich erst vor Weihnachten mit einer echten Notfallmeldung geschockt.

In den Einstellungen des Reiters „Smart Life“ sehe ich nicht nur SOS aktiviert, sondern auch die smarte Steuerung. Der Ring scheint erratische Signale an das iPhone zu senden, denn die Lautstärke erhöht sich wie von Zauberhand auf das Maximum, der Regler lässt sich nicht mehr bändigen. Nach dem Abschalten der smarten Steuerung hört der Spuk auf. Das letzte Vertrauen in den Ring ist dahin.

Aktuell bester Preis: Apple Watch Ultra 2

Shop Preis

$799 Jetzt ansehen Preisvergleich (über 24.000 Shops weltweit) Produkt Preis Preisvergleich von Backmarket

Fazit

Ob Apple nun wirklich an einem Ring arbeitet, entzieht sich unserer Kenntnis. Und nicht jedes Produkt, das Apple in Richtung Marktreife entwickelt, kommt dann auch tatsächlich in den Handel, Stichwort: Airpower. Vom Newgen-Medicals-Fitnessring kann Apple vor allem lernen, wie man es nicht macht.

Die Health-App ist in ihrer Komplexität zwar nicht gerade ein Vorbild an Übersichtlichkeit, Apple macht prinzipiell gut nutzbare Software und würde eine Ringsteuerung gewiss besser umsetzen. Vor allem verspricht Apple nichts, was es nicht halten kann, eine womöglich irreführende quantitative Temperaturmessung wird es dann nicht geben.

Rein spekulativ könnte Apple auch noch einen NFC-Chip in seinen einbauen, um den Ring zum Übermittler von Zahlungen per Apple Pay zu machen, dafür gibt es ein Vorbild von Pago. Wer nicht immer das iPhone hervorholen möchte und sich der Apple Watch verweigert, fände hier eine Möglichkeit zum unkomplizierten berührungsfreien Bezahlen.

Dass der Ring von Newgen Medicals keinen Zugriff auf Apple Pay hat, kann man ihm nicht übel nehmen, fast alles andere schon. So kann ich ihn nur bedingt empfehlen: Wer sich an klobigem Schmuck nicht stört und einige Funktionen von Fitnessuhren auch dann haben will, wenn eine andere oder gar keine Uhr am Handgelenk prangt, kann den Versuch wagen. Mir Preisen von 99,90 bis 109,90 Euro für die verschiedenen Größen ist der Ring recht günstig.

Aber lassen Sie um Himmels Willen die smarte Steuerung und den Notruf aus und schalten Sie die Sprache besser auf Englisch um.