"Illner": Laschet entlarvt die Strategie von AfD-Chef Chrupalla AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla war zu Gast und äußerte sich zu den Korruptionsvorwürfen gegen die Spitzenkandidaten seiner Partei. Hängen blieben aber vor allem zwei Momente, die zeigten, wie der Umgang mit der AfD gelingen kann.

Armin Laschet (links) machte Tino Chrupalla bei "Maybrit Illner" Vorwürfe: "Sie haften dafür, Sie haben den (Maximilian Krah, Anm. d. Red.) aufgestellt, Sie verteidigen ihn bis in diese Sendung hinein." (© ZDF/Jule Roehr)

Es ging hoch her bei Maybrit Illner am Donnerstagabend (25.): AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla war zu Gast und äußerte sich zu den Korruptionsvorwürfen gegen die Spitzenkandidaten seiner Partei. Journalistin Amann warf der AfD mangelndes Interesse an der Aufklärung vor und Laschet zog Chrupalla persönlich zur Verantwortung. Hängen blieben aber vor allem zwei Momente, die zeigten, wie der Umgang mit der AfD gelingen kann.

Große Aufregung in der und um die AfD: Die Spitzenkandidaten Maximilan Krah und Peter Bystron sollen Geld aus Russland und China erhalten haben. Ein Mitarbeiter von Krah wurde wegen Spionageverdachts festgenommen. Zahlreiche Politiker fordern den Rücktritt des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl. Beide AfD-Politiker weisen jedoch persönliches Fehlverhalten von sich.

Das ist das Thema bei "Illner"

Gute Beziehungen nach Moskau und Peking pflegt man in der AfD schon lange. Dass nun aber wegen Korruption und Spionage gegen die zwei Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Peter Bystron sowie einen Mitarbeiter ermittelt wird, hat eine neue Qualität. Deshalb stellte auch Maybrit Illner am Donnerstag (25.) die Frage: "Russland, China, Spionage – vertritt die AfD deutsche Interessen?" Im Fokus stand der Umgang der AfD mit den Vorwürfen sowie das Verhältnis zu Russland.

Das sind die Gäste

Tino Chrupalla (AfD): Der Bundessprecher der AfD sagte: "Wenn die Beweise auf dem Tisch liegen, werden wir dementsprechend handeln." Bis dahin gelte die Unschuldsvermutung. Beide Kandidaten hätten schriftlich versichert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. "Wir verstecken unsere Kandidaten nicht", meinte er. Es sei die Entscheidung von Herrn Krah selbst gewesen, beim kommenden Wahlkampfauftakt nicht mit dabei zu sein.

Armin Laschet (CDU): Maximilian Krah sei kein unbeschriebenes Blatt, erinnerte der CDU-Politiker. Er habe in der Vergangenheit beispielsweise einen antisemitischen Mitarbeiter eingestellt und sei mehrfach suspendiert worden. An Chrupalla gewandt sagte er: "Sie haften dafür, Sie haben den aufgestellt, Sie verteidigen ihn bis in diese Sendung hinein." Solche Zustände habe es in der BRD in diesem Ausmaß des Landesverrats noch nicht gegeben.

Juli Zeh: Die Autorin kommentierte die AfD-Rhetorik in Sachen Ukraine-Unterstützung. Von "deutschen Steuerzahlern" und "deutschem Geld" zu sprechen, zeige, dass wieder die Idee nach vorne komme: "Es gibt ein nationales deutsches Interesse, welches man gegen das europäische Interesse in Antagonismus bringen kann". Die Idee von "Germany first" sei der fruchtbare Boden, auf den all das falle.

Melanie Amann: "Das ist eine Linie, die sich seit Jahren in der AfD vorgezeichnet hat", sagte die stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteurin wenig überrascht über die jetzigen Korruptionsvorwürfe. Es sei bezeichnend, dass die AfD noch immer weitere Beweise fordere, denn davon gebe es bereits zur Genüge. "Was eigentlich nur noch fehlt, ist eine Quittung, die ausgestellt wurde", so Amann. Sie kritisierte: "Es gibt kein Interesse bei der AfD, das aufzuklären."

Siegfried Russwurm: Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sprach über Geschäfte in Russland: "Es ist eine andere Nummer zu sagen: ‚Da gibt es jemanden, der in Europa Krieg führt und die Völkerrechtsvereinbarungen der letzten 80 Jahre mit den Füßen tritt und trotzdem für den zu arbeiten‘ als zu sagen: ‚Ich habe ein Medizintechnik-Unternehmen mit Kunden und Patienten in Russland und ich will sie nicht sterben lassen."

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Illner wollte von Chrupalla wissen, ob er Putin für einen Kriegsverbrecher hält. Der wich aus und antwortete mit einer Gegenfrage: "Ist für Sie Barack Obama, der viele Interventionskriege begonnen hat, auch ein Kriegsverbrecher? Solange Obama für Sie kein Kriegsverbrecher ist, wird Putin für mich auch keiner sein." Die USA hätten hunderttausende Iraker getötet und Kriege in Libyen und Syrien geführt, wodurch Deutschland mit Flüchtlingen zu kämpfen habe.

Laschet entlarvte, wie billig die Strategie von Chrupalla war: "Das war jetzt gerade keine besonders schlaue Antwort, wenn über einen völkerrechtswidrigen Krieg in Europa gesprochen wird, das Wort Obama, Libyien und Syrien mal eben so in die Luft zu werfen." Obama sei beim Irak-Krieg gar kein Präsident gewesen. "Frau Illner hat gefragt: Ist es ein Kriegsverbrechen, was in der Ukraine passiert, und darauf kann man antworten: Ja, ich bin trotzdem für Verhandlungen. Es einfach zu bestreiten und andere zu beschimpfen, dient der Sache nicht."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Auch beim Rede-Duell sah Chrupalla schlecht aus. Er echauffierte sich über Sanktionen gegen Russland: "Die Energiepreise haben sich verdoppelt. Das ist der Wirtschaftskrieg gegen diese grün-rote Bundesregierung mit der FDP. Die Wirtschaftssanktionen schaden Deutschland in der EU am meisten."

Russwurm reagierte darauf: "Ich möchte nicht, dass hier eine falsche Aussage im Raum bleibt. Das Gas ist nicht teuer geworden, nach den Sanktionen. Das Gas ist teuer geworden, als die Gazprom den Speicher hat leerlaufen lassen und Russland Minimallieferungen gemacht hat."

"Als Reaktion auf Sanktionen", unterbrach Chrupalla ihn. "Nein, falsch, vorher! Es war im Dezember 2021", widersprach Russwurm und ergänzte: "Ich will kein Gas, wo ich jeden Morgen aufwachen muss, und schauen muss, wie Herr Putin gelaunt ist und zu welchem Preis er es mir verkauft. Da kaufe ich das Gas lieber bei den Norwegern und den Amerikanern." Da kam nur noch ein Kommentar von Chrupalla: "Für den doppelten und dreifachen Preis."

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So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Sicher eine der herausforderndsten Sendungen in den letzten Wochen für Maybrit Illner. Vor allem Chrupalla und Amann schenkten sich nichts, wurden immer wieder laut und unterbrachen sich gegenseitig. Da kam die Moderatorin kaum dazwischen. Illner platzierte die Frage, ob Putin in den Augen von Chrupalla ein Kriegsverbrecher ist, geschickt. An anderen Stellen aber versäumte sie, die Diskussion wieder auf eine sachliche Ebene zurückzuholen.

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Zwei Momente zeigten, wie man der AfD begegnen sollte: Inhaltlich, unaufgeregt und mit sachlichen Argumenten. Das war allemal besser als Amanns ständige Zwischenrufe. Sie kommentierte etwa, die Korruptionsvorwürfe seien ein "Armutszeugnis sondergleichen" und sagte zu Chrupalla: "Sie sollten die deutsche Fahne abnehmen und eine russische ankleben."

Zeh zeigte auf, wohin das führte: Beim Zuschauer bleibt hängen, dass aus Sicht der AfD die Unschuldsvermutung gilt und damit ist die Sache erstmal vom Tisch. Zehs wichtige Anregung: Lieber über inhaltliche Fragen diskutieren wie: "Was wird eigentlich aus Europa?" Auch nach Vorschlägen der AfD für aktuelle Herausforderungen fragte Illner überhaupt nicht – schade, damit wurde eine Chance verpasst.

Verwendete Quellen

  • ZDF: Sendung "Maybrit Illner" vom 25.04.2024