Lena Beermann über den Spagat zwischen Comedy und Onlyfans – und das Vorbild Felix Lobrecht

Lena Beermann kommt aus Gütersloh, lebte lange in Berlin und zieht gerade nach Köln um.

Lena Beermann ist Comedienne, Schauspielerin und Onlyfans-Model. Abends steht die 33-Jährige in Clubs auf der Bühne und bringt die Leute zum Lachen, tagsüber verdient sie Geld mit Fotos und Privatnachrichten. Nebenbei macht sie mit Comedy-Kollegin Tanja Maximow den Podcast "Schuld und Sünderinnen".

Im watson-Interview spricht Lena über das Vorbild Felix Lobrecht, Frauen in der Comedybranche, den Plan einer Solotour – und verrät, was sie auf Onlyfans über Männer gelernt hat.

watson: Lena, wer ist der lustigste Mensch, den du kennst?

Lena Beermann: Wenn ich nur einen sagen darf, dann ist es mein bester Freund Kolja, wenn auch ungewollt. Der hat das Asperger-Syndrom und haut Dinge raus, die genau meinen Humor treffen.

Und von den Comedy-Kolleg:innen?

Felix Lobrecht ist jetzt die gängige Antwort, aber er hat mich schon inspiriert, mit Comedy anzufangen. Er war Vorreiter in Sachen Stand-up in Deutschland. Außerdem finde ich Maria Clara Groppler und Laura Brümmer sehr lustig.

Lena träumte lange von Stand-up-Comedy. Und zog es irgendwann einfach durch.

Du sagst, Felix Lobrecht habe dich inspiriert. Wie lange hat's gedauert, bis du dann wirklich auf der Bühne warst?

Die Bühne kannte ich schon, weil ich Schauspiel studiert habe. Es hat mich dann vier, fünf Jahre in den Fingern gejuckt, mit Comedy aufzutreten. Und dann habe ich einen Stand-up-Comedian getindert. Wir haben geschrieben, ich war bei einer Show, er hat für mich angefragt. Und eine Woche später stand ich da. Das ging plötzlich schneller als gedacht und ich habe es durchgezogen.

"Man darf sich nicht nur an Reels orientieren, man muss an seiner Performance arbeiten und gute Witze schreiben."

Die deutsche Comedy-Szene wächst gerade rasant. Verändern die Deutschen ihren Humor?

Ja, das sehe ich so. Früher gab es viel Fernsehhumor und Rollen-Comedy. Jetzt kommt das amerikanische Stand-up immer mehr an: Man steht auf der Bühne und erzählt über das eigene Leben. Das Internet hilft dabei natürlich sehr.

Weil die Auftritte gut instagrammable sind?

Genau. Früher musstest du zu "TV total", wenn du Deutschland erreichen wolltest, später "NIghtwash". Heute ist man auf diese Formate nicht mehr angewiesen, auch wenn man sich über Anfragen trotzdem freut. Aber: Wenn ein eigenes Video viral geht, hat das oft größere Folgen. Das ist backstage oft ein Thema, weil: Man darf sich nicht nur an Reels orientieren, man muss an seiner Performance arbeiten und gute Witze schreiben. Und man braucht ab und zu mal einen schlechten Auftritt, um besser zu werden.

Wie versuchst du denn, besser zu werden?

Ich gehe auf die Bühne. Das zählt. Im Freundeskreis Dinge zu testen, das funktioniert nur so halb. Ich muss auf der Bühne ja einen Raum voller Menschen abholen, die mich eben nicht kennen.

Bist du zufrieden damit, wie es für dich läuft?

Ja, das kann ich sagen. Ich freue mich über meine relativ große mediale Präsenz und darüber, dass immer wieder Menschen, mit denen ich eh zusammenarbeiten wollte, auf mich zukommen, um gemeinsam was zu machen. Und parallel arbeite ich an meinem ersten Soloprogramm. Die Hälfte steht.

Ist es in dem Job schwierig, auf sich selbst aufzupassen?

Ich komme mit der Reiserei und der Abwechslung eigentlich sehr gut zurecht. Während Corona war's hart. Dass ich nicht mehr auf die Bühne konnte, hat mich runtergezogen und es fiel mir schwer, da wieder rauszukommen, als es wieder losging. Aber ich war letztes Jahr bei der Therapie – und jetzt läuft es wieder richtig gut.

Corona war vermutlich auch finanziell ein Problem, oder?

Na ja, ich habe während Corona mit Onlyfans angefangen. So gesehen war das nicht das Problem. Mir fehlten eher die Auftritte.

"Wenn nach dem Auftritt einer auf mein Onlyfans geht, freue ich mich. Dafür bekomme ich Geld."

Wie haben die Kolleg:innen denn auf deinen Onlyfans-Account reagiert?

Dass die getratscht haben, habe ich schon mitbekommen. Oder mich vielleicht weniger ernst genommen, weil sie dachten, mir sei das mit der Comedy nicht wichtig genug. Gleichzeitig kann's für mich auch ein unique selling point sein. Mir sagen immer wieder Leute, dass ich das viel mehr auf der Bühne nutzen sollte. Und seien wir ehrlich: Wenn nach dem Auftritt einer auf mein Onlyfans geht, freue ich mich. Dafür bekomme ich Geld.

Kannst du über Zahlen sprechen?

Ich habe gerade 200 Abonnenten. Es waren mal 40 und mal 300. Es schwankt. Und sie bezahlen 20 Dollar im Monat. Das rechnet sich auf jeden Fall, zumal man ja mit Privatnachrichten zusätzliches Geld verdienen kann. Ich kann gut davon leben. Weshalb ich es so lange durchziehe, wie es mir Spaß macht.

Lena Beermann arbeitet aktuell an ihrem ersten Soloprogramm.

Wie viel Comedypotenzial steckt in Onlyfans?

Sehr, sehr viel. Was dir Männer da schreiben, macht schon große Themen auf. In den USA könnte man das aber vermutlich besser auf der Bühne nutzen, die sind da offener. In Deutschland muss man sich genauer überlegen, wie man es aufbaut. Da wird dann gleich eine tiefere Message erwartet und plötzlich gibt's einen Rechtfertigungsdruck.

Was hast du auf Onlyfans über Männer gelernt?

Es ist ein bisschen traurig, weil man dort ein Männerbild erlebt, das man eigentlich nicht haben möchte – nämlich das, das Männer auf den Trieb reduziert. Und man wundert sich schon, wofür sie bereit sind, Geld auszugeben. Man denkt sich nicht die ganze Zeit: "Wow, seid ihr aber tolle Typen." Gleichzeitig muss ich sagen, dass der Umgang respektvoller ist als beispielsweise auf Instagram, weil sie einem bewusster folgen und Geld bezahlen. Schwierig ist oft die Anzahl der Nachrichten. Wenn die Männer mit dir chatten wollen und du 50 Nachrichten am Tag beantworten sollst, kann das schon zu viel werden.

Du hast gerade auch über Lästereien der männlichen Kollegen gesprochen. Grundsätzlich gefragt: Wird die Comedy-Szene im Moment weiblicher?

Ich sehe, dass sich immer mehr Frauen trauen, sich auf die Bühne zu stellen. Aber ich bin backstage immer noch oft die einzige Frau. Es verändert sich etwas, aber es dauert. Humor ist gesellschaftlich nicht weiblich konnotiert. Als Frau wird dir oft gesagt: "Benimm dich und sei ruhig." Mit solchen Rollenbildern wurde ich zum Glück nie erzogen.

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Ist Sexismus ein Problem in der Branche?

Die, die sich auf die Bühne stellen, die können sich auch hinter den Kulissen behaupten. Aber natürlich kann es auch mal sexistische Tendenzen annehmen, wenn du alleine mit neun männlichen Comedians als einzige Frau in einem Raum sitzt. Aber ich komme schon klar.

Wenn wir uns in fünf Jahren erneut unterhalten: Unter welchen Voraussetzungen wärst du zufrieden mit deiner Karriere?

Ich ziehe gerade nach Köln um, denke darüber nach, als zweites Standbein fürs Fernsehen zu arbeiten und freue mich einfach auf etwas Neues. Ich hoffe, dass ich in fünf Jahren einfach mein Netflix-Special aufgezeichnet habe. Oder es eigenständig produziere und für viel Geld in Eigenregie verkaufe. (Lacht.)

Also doch wieder: Vorbild Felix Lobrecht.

Man muss das schon realistisch sehen: Felix ist ein Perfektionist und die wichtigste Person in dieser Branche. Ich will nicht größenwahnsinnig sein und muss auch nicht in den größten Hallen spielen. Aber: Wie er sein Programm selbst aufgenommen und verkauft hat, das war beeindruckend. Und es zeigt, welche Möglichkeiten man heutzutage in Eigenregie hat.