Proteste in Georgien: Premier droht Demonstranten

Die Proteste in Georgien wegen des umstrittenen "Agenten"-Gesetzes halten an.

Die Proteste in Georgien halten an: Zehntausende gingen auch am Wochenende wieder auf die Straße, um gegen das umstrittene "ausländische-Agenten"-Gesetz zu demonstrieren. "Die Spannungen sind sehr hoch", sagte Georgien-Experte Denis Cenusa in einem früheren Gespräch mit watson.Die Situation ist so geladen, dass es kürzlich sogar zu einer Schlägerei im Parlament kam.

Kritiker:innen befürchten, dass das neue Gesetz, das vermutlich Ende der Woche beschlossen werden dürfte, eine Bedrohung für die Demokratie ist. Bei dem Gesetzentwurf, den die Partei Georgischer Traum eingebracht hat, geht es um die Einschränkung von Medien, Aktivist:innen und NGOs (also Nicht-Regierungs-Organisationen).

Georgischer Traum hält die Mehrheit im Parlament und stellt die Regierung. Der Gesetzentwurf erinnert stark an ein Gesetz, dass auch in Russland zur Unterdrückung Oppositioneller angewendet wird. Angewendet werden könnte das Gesetz laut "Washington Post" bei Organisationen, Gruppierungen und Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Mittel aus dem Ausland erhalten.

Regierung behauptet, Gesetz sei für Transparenz wichtig

Mithilfe des "Agenten-Gesetzes" sei es der Regierung möglich, NGOs etwa einer genaueren Prüfung ihrer Einnahmen und deren Herkunft zu unterziehen. Entsprechend bleibt die Regierung bei der Erzählung, das Gesetz führe zu mehr Transparenz von möglicher ausländischer Einflussnahme. Bereits 2023 gab es den Versuch, ein solches Gesetz durchs Parlament zu bringen. Damals allerdings ist dieser Plan nach gewaltvollen Protesten vorerst gescheitert.

Die Proteste folgten auf Berichte, wonach mehrere prominente Kritiker des Gesetzes angegriffen und bedroht wurden, verliefen aber weitgehend friedlich. Bei früheren Protesten gegen den Gesetzentwurf in den letzten Wochen war es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen.

Irakli Kobachidse ist der Premierminister von Georgien.

Beim neuen Anlauf übt die Regierung nun mehr Druck auf die Protestler:innen aus. Wie die "Washington Post" berichtet, bedroht Premierminister Irakli Kobachidse die Demonstrierenden unverhohlen. Bei einer Pressekonferenz erklärte er, alle Protestant:innen, die sich an Gewalt beteiligten, strafrechtlich zu verfolgen.

Präsidentin stellt sich auf die Seite der Demonstranten

Staatspräsidentin Salome Surabischwili hat derweil erklärt, ein Veto gegen das Gesetz einzulegen. Die Parteilose wurde 2018 mit Unterstützung der Regierungspartei Georgischer Traum zum ersten weiblichen Staatsoberhaupt gewählt. Surabischwili kritisiert, dass das Gesetz selbst ein Instrument ausländischer Einmischung wäre. Konkret: ein Instrument russischer Einmischung. Der Kreml bestreitet, etwas mit dem Gesetzesvorhaben zu tun zu haben.

"Nichts und niemand kann den Willen dieses Volkes aufhalten!", schreibt die Präsidentin auf X. Dazu repostet sie ein Foto von den Protesten am Wochenende. Ihr Veto kann das Gesetz laut dem US-Medium allerdings nicht verhindern – die parlamentarische Mehrheit könne Georgischer Traum demnach die Präsidentin überstimmen.

Gesetz könnte EU-Beitritt im Weg stehen

Das neue Gesetz könnte nicht nur den Frieden in Georgien gefährden, sondern auch Auswirkungen auf einen möglichen EU-Beitritt haben. Zwar gilt das Land bereits seit einigen Jahren als Beitrittskandidat, es muss aber noch eine Reihe von Bedingungen erfüllen, bevor es Mitglied werden kann. Konkret geht es dabei um Reformen des politischen Systems.

Meldung

Das neue Gesetz könnte laut Beamten der EU die Kandidatur des Landes gefährden, schreibt die US-Zeitung. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte bereits, die Situation in Georgien mit Sorge zu betrachten.