Gefällt nicht oder hält nicht! Wie zwei Frauen begannen, eigene Bikinis zu entwerfen

Sommer, Meer, Bademode: Alles schön und gut. Wenn man den richtigen Bikini gefunden hat.

Wie schwierig das Unterfangen werden würde, ahnte Teresa Katz nicht. Sie ist ehrlich: "Hätten wir gewusst, was auf uns zukommt, hätten wir vermutlich gar nicht erst angefangen."

Doch Teresa und ihre Freundin Eileen waren naiv und machten sich an die Arbeit. Sie entschlossen sich, eigene Bikinis zu entwerfen.

Ihre Geschichte ist eine von zwei jungen Frauen, die einfach anpacken, statt zu lamentieren. Sie steht exemplarisch für viele junge Menschen in Deutschland, die sich etwas trauen. Und sie nahm ihren Anfang während der Corona-Pandemie.

Teresa (rechts) und ihre Freundin Eileen verkaufen als "Half Moon Studio" eigene Bademode.

Teresa und Eileen waren unzufrieden mit der Shopping-Situation bei Bikinis. Teresa umschreibt es so: "Entweder waren es Fast-Fashion-Teile, die toll aussahen, aber nach ein, zwei Jahren kaputt waren. Oder es war qualitativ hochwertige Bademode, die uns einfach nicht gefallen hat."

Die beiden Frauen schauten sich an und fragten sich: "Können wir das nicht besser?"

Teresa und Eileen begannen, sich schlau zu machen. Sie durchstöberten das Internet, stellten zusammen, was ihnen gut und was gar nicht gefällt und entwarfen am Computer Bikinis. "Hier ein Verschluss, da ein Träger, die Farbe, der Schnitt – wir haben Detail für Detail zusammengetragen", erinnert sich Teresa. Mit dem Tool Illustrator kann man technische Zeichnungen gut erstellen und bekommt so ein erstes Gefühl für die Entwürfe und was gut aussehen könnte. Während Corona hatten sie die Zeit dafür: "Wir brauchten ja eh eine Beschäftigung."

Produktion in kleinen Mengen ist eine komplizierte Angelegenheit

Doch digitale Entwürfe kann man im echten Leben nicht anziehen. Und da wurde es zum ersten Mal kompliziert. "Wir waren überzeugt davon, zwei tolle Modelle entworfen zu haben, aber wir scheiterten erst einmal daran, jemanden zu finden, der uns Bikinis in kleinen Mengen produziert."

Teresas Firma lässt die Bademode in Portugal fair produzieren.

Die beiden Frauen waren auf sich allein gestellt, hatten keine Geldgeber:innen, keine Firma, keinen Geschäftsplan. Über Connections fanden sie dann doch eine Produktion, die zu ihren Vorstellungen und Wünschen passte.

Sie kratzten ihr Erspartes zusammen, liehen sich zudem ein wenig Geld und gingen in Vorleistung. Sie wollten mit ihrer neuen Firma "Half Moon Studio" die eigene Bademode verkaufen. Der Name ist eine Hommage an ihre gemeinsame Zeit am Half Moon Beach in Kalifornien, wo die Freundinnen gemeinsam viel Zeit verbrachten, nachdem sich ihre Wege bei Au-Pair-Aufenthalten in San Francisco gekreuzt hatten.

Einen gut sitzenden Bikini zu entwerfen, ist kompliziert.

Jene Phase war die vielleicht spannendste und schwierigste. Im Try-and-Error-Prinzip kauften sie Stoffproben, zogen sich und Freund:innen die eigenen Entwürfe an. Und merkten dabei, wie kompliziert die Nummer mit den Bikinis ist: "Wir haben das total unterschätzt", sagt Teresa. "Mittlerweile haben mir mehrere Leute aus der Modebranche gesagt: Es gibt wenige Dinge, die schwieriger zu entwerfen sind."

Die Gründe liegen auf der Hand: Ober- und Unterteile müssen perfekt sitzen, da geht man als Frau am Strand keine Kompromisse ein. "Hinzu kommt, dass jeder Oberkörper anders ist. Größer, kleiner, breiter, schmaler. Und dann hast du natürlich noch unterschiedliche Körbchengrößen. Eileen und ich hatten teilweise die gleichen Bikinis an und sahen völlig unterschiedlich aus. Da fragst du dich dann irgendwann schon: Ist mein Körper nicht normal oder ihrer?"

Teresa lacht. Weil sie heute darüber lachen kann. Damals hatte sie jedoch durchaus zweifelnde Momente. Aber die beiden Frauen ließen sich nicht abschrecken.

Ihre Firma lässt die Bademode unter fairen Bedingungen in Portugal produzieren, via Online-Marketing erreichen sie ihre Wunschzielgruppe.

Praktis der Gen Z: Teresa geht mit ihren Witzen auf Tiktok viral

Zudem rührt Teresa auf ungewöhnliche Art und Weise auf Tiktok für ihre Firma die Werbetrommel – indem sie auf ironische Weise von ihren Erfahrungen in der Firma mit Gen-Z-Praktikant:innen berichtet. Regelmäßig gehen ihre Videos auf Social Media viral. (Mehr dazu könnt ihr hier lesen.)

Half Moon Studio verkauft seine Bikinis und Badeanzüge mit Fotos wie diesen via Social Media.

Ein Nachhaltigkeitslabel haben Teresa und Eileen nicht auf ihre Homepage gepackt: "Unsere Materialien sind super, wir versenden in recyceltem Papier, aber ich kann nicht ausschließen, dass man irgendwo auch auf ein wenig Plastik hätte verzichten können", sagt Teresa. "Wir wollen nichts Falsches versprechen, aber wir tun alles, was wir können."

160 Euro kosten Oberteil und Höschen in ihrem Mix-and-Match-Angebot. "Ich weiß, dass wir keine Produkte für 20 Euro verkaufen, die man mal eben nebenher kauft und im Zweifel nur in den Schrank legt. Wer sich für uns entscheidet, macht das bei den Preisen bewusst." Doch sie sieht, dass sich die Strategie auszahlt. "Es läuft gut, auch wenn wir nicht restlos ausverkauft sind. Bis zur Rente dauert's also noch eine Weile", sagt Teresa. Und lacht erneut.

Sie hat nie bereut, den Schritt gewagt zu haben. Noch ist sie festangestellt, doch ihre Freundin und sie können sich gut vorstellen, ihre Jobs an den Nagel zu hängen: "Ich glaube nicht, dass ich für immer einen klassischen 9-to-5-Job machen will", sagt sie. Weshalb sie zuletzt viel Zeit in das zweite Standbein investiert hat.

Meldung

Jetzt, wo der Sommer wieder vor der Tür steht, freut sich Teresa aber erst einmal, im selbst entworfenen Bikini an den Strand zu gehen. "Richtig surreal war, als ich unsere Teile zum ersten Mal an anderen Frauen gesehen habe. Das war schon ein spezielles Gefühl."

Nun möchten Teresa und Eileen Schritt für Schritt ihr Modebaby weiterentwickeln. "Wir ergänzen uns gut, wir haben Spaß, wir sind gespannt, wie es weitergeht", sagt Teresa. "Ich freue mich einfach, dass wir uns das getraut haben. Es war eine verrückte Idee, wir haben's durchgezogen. Das Risiko hat sich gelohnt. Und ich kann allen Leuten nur empfehlen: Denkt nicht zu viel nach, macht einfach, wenn ihr eine gute Idee habt. Für uns hat sich das ausgezahlt. Und ich habe sehr, sehr viel über das Geschäftsleben gelernt."