DFB-Team: Drei Stars müssen noch um ihr EM-Ticket zittern

Julian Nagelsmann hat am Donnerstag seinen vorläufigen EM-Kader verkündet.

Seit dem Sonntagabend sickerten nach und nach die Namen jener Spieler durch, die Julian Nagelsmann für die Heim-EM ins DFB-Team berufen hat. Am Donnerstagmittag dann verkündete der Verband auf einer Pressekonferenz mit dem Bundestrainer die verbleibenden Namen.

Insgesamt 27 Spieler hat Nagelsmann nominiert, 26 davon darf er mit zur Heim-EM nehmen. Vor dem Beginn der Europameisterschaft muss er also noch einem Profi die schwere Nachricht übermitteln, dass er aus dem Aufgebot gestrichen wird.

Eigentlich hätten sogar noch mehr Spieler abreisen müssen, denn das Reglement sah ursprünglich 23 Profis pro Mannschaft vor. Die Uefa aber hat kürzlich aufgestockt. Offen war daher vor der offiziellen Verkündung, inwiefern Nagelsmann diese neuen Möglichkeiten tatsächlich ausschöpfen würde.

Weniger wäre möglich, Nagelsmann plant dennoch mit 26 DFB-Profis

"Ich bin kein großer Fan von riesengroßen Kadern, jeder muss eine gewisse Perspektive spüren", erklärte der Bundestrainer dann auch am Donnerstag. "Hätte die Uefa gesagt, dass ich 30 mitnehmen darf, hätte ich das nicht gemacht."

Ein 26 Spieler umfassender Kader sei hingegen "eine gesunde Größe. Mit 22 Feldspielern kann ich sehr gut leben. So sollten wir immer elf gegen elf spielen können". Mathematikliebhaber:innen wird an dieser Stelle auffallen, dass der Bundestrainer folgerichtig vier Torhüter für die EM 2024 einplant.

Diese ungewöhnliche Maßnahme – normalerweise stehen drei Torhüter im Kader – bestätigte der Bundestrainer dann auch: "Ich sehe es fürs Training als wichtig an, vier Torhüter zu haben. Wir müssen die Belastung streuen." So sollen Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen so etwa nicht immer zwischen den Pfosten stehen, wenn die Feldspieler ein Torschusstraining absolvieren.

Bernd Leno ist dabei wegen einer Schulterverletzung aus dem Kader geflogen, an seiner Stelle ist Alexander Nübel vom VfB Stuttgart erstmals dabei. "Er hat eine gute Saison gespielt und passt zu unserer Idee vom Torwartspiel", erklärte Nagelsmann.

Alexander Nübel wurde erstmals für die deutsche A-Nationalmannschaft nominiert.

Aus dem Torwartquartett muss also niemand um sein EM-Ticket bangen. Aber wer dann? Aus den Aussagen des Bundestrainers sowie der Kaderstruktur lassen sich drei Kandidaten ableiten, die in den kommenden Wochen noch zittern müssen.

Zweikampf in der Abwehr: Robin Koch oder Waldemar Anton?

Viele Fans und Expert:innen hatten lautstark eine Nominierung von Mats Hummels gefordert. Der Dortmunder, der zuletzt in der Champions League starke Leistungen gezeigt hat, wird die EM 2024 aber nur vor dem Fernseher verfolgen dürfen.

Stattdessen hat Nagelsmann mit Antonio Rüdiger, Jonathan Tah, Nico Schlotterbeck, Robin Koch und Waldemar Anton fünf andere Innenverteidiger nominiert. Da er für das Turnier mit einer Viererkette plant, sind zwei Plätze zu vergeben, Rüdiger und Tah gelten dabei als gesetzt. Umso spannender wird es dahinter.

Schlotterbeck fehlte zuletzt im DFB-Team, scheint nun aber bessere Karten als seine Kollegen aus Frankfurt und Stuttgart zu haben. Denn der Dortmunder ist der einzige Linksfuß unter den Innenverteidigern, könnte notfalls auch auf der Außenbahn aushelfen. Bei ihm spielt der Faktor Zukunft zudem eine Rolle.

"Er ist als Linksfuß und mit dem Siegeswillen perspektivisch ein wichtiger Spieler für Deutschland. Ich habe ihm die Perspektive für das Hier und Jetzt, aber auch für das Danach aufgezeigt", erläuterte Nagelsmann am Donnerstag.

Nico Schlotterbeck kehrt ins DFB-Team zurück.

Bleiben also noch Koch und Anton."Die Wackelkandidaten wissen Bescheid", sagte der Bundestrainer. "Ich werde sie hier aber nicht namentlich nennen." Das Abwehrduo aber dürfte zu jenen Kandidaten gehören, beide werden sich voraussichtlich um die Rolle als Ersatzmann für Rüdiger streiten.

Dabei bringen beide Spieler durchaus unterschiedliche Fertigkeiten mit: Anton denkt in seiner Abwehrarbeit nach vorne, wagt auch mit dem Ball Vorstöße. Koch hingegen agiert eher als tief stehender Verteidiger, sichert also vor allem die Tiefe hinter einem vorpreschenden Kollegen ab.

Wie viele Stürmer braucht es im DFB-Team?

Die Tiefe ist auch am anderen Ende des Platzes ein wichtiges Thema, denn Stürmer versuchen diese immer wieder zu attackieren. Kai Havertz und Niclas Füllkrug dürften in vorderster Front die besten Karten haben, Nagelsmann wird sich wohl je nach Gegner entweder für den einen oder für den anderen in der Startelf entscheiden.

Mit Deniz Undav steht ein gleichermaßen spiel- wie abschlussstarker Angreifer als Alternative bereit. Er könnte als alleinige Spitze, aber auch an der Seite von Havertz oder Füllkrug spielen. Wohl aber nur dann, wenn dringend noch ein Tor benötigt wird.

Maximilian Beier (r.) steht als vierter Stürmer im deutschen Aufgebot.

Das wiederum wirft die Frage auf, ob es dahinter noch einen vierten Stürmer braucht. Mit Maximilian Beier hat Nagelsmann einen solchen etwas überraschend berufen. Die Zahlen sind dabei fraglos ein hervorragendes Argument für den gebürtigen Brandenburger: 15 Bundesliga-Tore hat er diese Saison erzielt, vier weitere vorbereitet.

"Er ist perspektivisch ein interessanter Spieler", sagte Nagelsmann über den 21-jährigen Beier. Obwohl er in der aktuellen Saison fast alle Partien als Mittelstürmer absolviert hat, scheint der Coach seinen Schützling nicht zwangsläufig auf diese eine Rolle beschränken zu wollen.

Beier könne etwa "das Tempo von Leroy abfedern", deutete Nagelsmann an, den Hoffenheimer auch als Alternative zu Leroy Sané zu betrachten. Der Bayern-Star selbst gilt allerdings nur als Ersatzmann. Weil in der offensiven Mittelfeldreihe Florian Wirtz, İlkay Gündoğan sowie Jamal Musiala gesetzt sind. Und weil Sané selbst immer wieder mit kleineren Verletzungen zu kämpfen hat.

Ob Beier am Ende im deutschen Kader für die Heim-EM verbleibt, könnte also auch vom Gesundheitszustand von Sané abhängig sein.

Meldung

Dass Nagelsmann für den vorläufigen Kader überhaupt mehr Spieler berufen hat, als er am Ende zur EM 2024 mitnehmen darf, begründete er selbst übrigens mit gesundheitlichen Bedenken. "Es ist auch eine kleine Vorbereitung auf mögliche Verletzungen", sagte der Bundestrainer.

So könne er zudem entspannter in die beiden verbleibenden Testspiele gehen. Am 3. Juni trifft das DFB-Team auf die Ukraine, vier Tage später auf Griechenland. Spätestens nach der zweiten Partie dürfte der Bundestrainer dann erklären, welcher der drei Wackelkandidaten nach Hause fahren muss.