"Papa, ich glaub', ich brauche einen Tapetenwechsel." - Lena Oberdorf spricht über den Wechsel nach München

By Theresa Alexander

Mit 22 Jahren steht Lena Oberdorf noch am Anfang ihrer Karriere, doch schon jetzt zählt sie zu den besten Mittelfeldspielerinnen der Welt und beweist immer wieder ihre Klasse. Das ist nicht nur dem VfL Wolfsburg aufgefallen, zu dem sie 2020 wechseln wird, sondern auch anderen Vereinen auf der ganzen Welt - darunter auch der FC Bayern München, der größte Konkurrent des VfL Wolfsburg. Bereits im Februar wurde bekannt, dass Oberdorf im Sommer an die Isar wechselt. Nun wird sie am Montag ihr letztes Spiel in Grün-Weiß bestreiten, bevor sie zu Rot-Weiß wechselt.

"Das war ja eher ein Medien-Ding" - Oberdorf über die "Wachablösung"

Nach dem 4:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg und der damit verbundenen Meisterschaft war in den Medien oft von einer "Wachablösung" im deutschen Frauenfußball die Rede. Die Wölfinnen waren mit dieser Bezeichnung alles andere als zufrieden und zeigten spätestens im DFB-Pokalfinale mit einem Sieg über die Bayern, warum es diese "Wachablösung" nicht gibt.

Oberdorf selbst wurde erst durch ihre Teamkollegin Alexandra Popp darauf aufmerksam und bezeichnet es als "Medien-Ding". Für sie sei es besonders wichtig, dass es nicht von den Bayern-Spielerinnen selbst gekommen sei: "Wenn das anders wäre, würde ich mir vielleicht bei der Nationalmannschaft mal eine schnappen und sagen: 'Du, ich weiß nicht, denk' vielleicht noch mal über die letzten zehn Jahre nach.'"

Ein letzter Titel mit dem VfL. | Eurasia Sport Images/GettyImages

Oberdorf betont, dass die Entwicklung der Liga stimme und es dabei nicht um eine "Wachablösung" gehe: "Die Spiele werden enger, jede Mannschaft kann gegen jede andere Punkte liegen lassen. Das macht die Liga interessant. Es geht nicht um Wachablösung oder Rekordserien, sondern darum, dass du auch in Bremen oder Nürnberg nicht mal eben im Vorbeigehen gewinnst."

"Och, nee, bitte zögert das noch ein bisschen raus!"

Im Gespräch mit der WAZ spricht Oberdorf zum ersten Mal öffentlich über ihren Wechsel, der aber bereits im Februar bekannt gegeben wurde. Für viele sei die frühe Veröffentlichung des Wechsels überraschend gekommen, doch die 22-Jährige erzählt, dass es der Wunsch des VfL gewesen sei, den Wechsel "auch schnell zu kommunizieren". Sie selbst hätte damit "auch noch gut bis nach der Saison warten können", doch "am Ende war es gut so, wie es gelaufen ist und dass da nicht öffentliche Spekulationen noch Unruhe in die Mannschaft hätten bringen können."

"Wir sind immer noch Menschen, auch wenn wir in der Öffentlichkeit stehen."

Schon kurz nach dem Wechsel machten viele VfL-Fans ihrem Unmut über den Transfer Luft. Zumal Oberdorf noch vor zwei Jahren gesagt hatte, sie könne sich einen Wechsel zu den Bayern nicht vorstellen, war die Empörung im grün-weißen Lager groß. Ob Oberdorf das unfair fand? "Schon irgendwie, aber so ist wahrscheinlich das Geschäft." Heute würde sie so eine Aussage nicht mehr treffen, doch damals war sie "jünger, vielleicht irgendwie übereifrig".

Oberdorf wurde in letzter Zeit oft vorgeworfen, sie habe kein Rückgrat. Wenn sie solche Kommentare lese, dann findet sie das "blöd, aber denke dann auch: Hmm, vielleicht würde ich das auch so sehen, würde ich mich nicht kennen. So hat halt jeder seine Meinung, und das muss man dann auch akzeptieren." Die Nationalspielerin wurde aber auch mit Hassbotschaften konfrontiert, in denen ihr der Tod gewünscht wurde - ein inakzeptables Verhalten gegenüber einer anderen Person.

Ab kommender Saison wird Oberdorf mit Lea Schüller auch im Verein zusammen spielen. | Jürgen Fromme - firo sportphoto/GettyImages

Das Respektlevel in den sozialen Medien sei sehr "niedrig, weil es anonym und damit unpersönlich ist." Meistens ignoriere Oberdorf die Kommentare und Hassnachrichten, aber "manchmal antworte ich, um eine Grenze zu ziehen - auch für mein eigenes Wohl. Ich bin nicht der menschliche Mülleimer für Leute, die mich gar nicht kennen."

Der Wunsch nach einer Veränderung

Auf die Frage, wie der Wunsch nach Veränderung entstanden sei, erklärte Frau Oberdorf, dass sie in der Hinrunde das Gefühl gehabt habe, dass sie etwas Neues brauche. Sie sei "irgendwie im Trott" gewesen und ihr hätten die "Impulse" gefehlt. Oberdorf nutzte die Winterpause, um über ihre Zukunft nachzudenken und rief dann ihren Vater an, um ihm mitzuteilen, dass sie eine Veränderung brauche. Und das nicht unbedingt "in erster Linie aus sportlichen Gründe. Sondern eher so so vom Umfeld." Mit ihrem Vater, der auch ihr Berater ist, habe sie dann die Möglichkeiten abgewogen, doch da die Mittelfeldspielerin Deutschland nicht verlassen wollte, blieb nur eine Option: der FC Bayern München.

Oberdorf lobt die Bedingungen beim VfL Wolfsburg: "Die Bedingungen, die Trainer, der Staff, die medizinische Versorgung, das ist alles klasse." Außerdem gehe sie als "deutlich bessere Spielerin, als ich gekommen bin."

Die Pläne voll Alexander Straus mit Lena Oberdorf und der Abschied vom VfL

Oberdorf erzählt, dass Straus sie als Box-to-Box-Spielerin sehe und in einer weniger defensiven Rolle als bisher beim VfL. Sie selbst glaubt, dass diese neue Rolle ihrer Entwicklung gut tun werde: "Ich bin eine junge Spielerin, die noch viel zu lernen und viel zu erleben hat. Das möchte ich gerne mitnehmen."

Was Straus mit Oberdorf und seinem Team in der kommenden Saison vorhat, wird sich zeigen, aber klar ist, dass der FC Bayern große Ziele hat und auch in der Champions League weiter angreifen will.

Doch nun steht am kommenden Montag Oberdorfs letztes Spiel für ihren Verein, den VfL, an. In den letzten Wochen schien der Abschied "noch so komplett weit weg", doch das letzte Spiel rückt immer näher. Die 22-Jährige fügte hinzu, dass sie hoffe, dass "ich mich unter Kontrolle habe", denn sie weine nicht gerne und zeige ihre Gefühle nicht gerne, aber in der letzten Woche habe sie gemerkt, dass sie näher am Wasser gebaut sei als sonst.

Nach dem Pokalfinale habe sie sofort gedacht: "Boah, ist das alles cool hier - aber ich bin in einer Woche nicht mehr da, nicht mehr dabei. Diesen Moment der Freude, des Miteinanderseins, den hätte ich gerne für eine Weile eingefroren." Das letzte Spiel für die Wölfinnen ist gegen die SGS Essen, für die auch Oberdorf gespielt hat. Oberdorfs erstes Spiel für den VfL war gegen Essen, ihr 100. Bundesligaspiel ebenfalls und nun auch das letzte für Wolfsburg. "Das ist irgendwie rund - und es ist ein Zeichen. Ich glaube an so was", so Oberdorf.

Oberdorf mit Tommy Stroot, dem Trainer des VfL Wolfsburg. | Eurasia Sport Images/GettyImages

Damit schließt sich das Kapitel VfL Wolfsburg, während ab Sommer ein neues geschrieben wird: Das des FC Bayern München.


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