Warum wir dringend über Sunshine Guilt reden müssen!

(Bildquelle: Getty Images/FTiare)

Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, ALLE sind draußen und du willst einfach nur im Bett bleiben und Trash-TV schauen. Und zack; das schlechte Gewissen schlägt zu. Sunshine Guilt heißt das Phänomen – und damit bist du nicht allein.

Die Sonne scheint, als gäbe es keinen Morgen. Strahlend blauer Himmel, nicht eine Wolke ist in Sicht. Draußen hörst du Kinder spielen und lachen, der Nachbar hat den Grill angeschmissen und es riecht einfach nur verdammt gut … Auf Instagram: Dutzende Storys von Freund:innen, die ein Eis löffeln, im Park sitzen – und sehr glücklich aussehen. Und du? Du liegst im Bett oder auf dem Sofa, hast die Jalousien bis auf Anschlag heruntergezogen und willst rein gar nichts tun, (vor allem nicht rausgehen!) außer, zum achten Mal Sex and the City zu schauen. Und sofort ist es da: das schlechte Gewissen. Eine Stimme schreit: Geh raus und genieß die Sonne! Die andere: Bleib‘ bloß im Bett, das ist das Einzige, was du willst. Und dein freier Tag, den du dir so wunderbar mit Essen bestellen, im Bett gammeln und Serie schauen ausgemalt hast, kann nun überhaupt nicht mehr genossen werden.

Kommt dir dieses Szenario so oder so ähnlich bekannt vor? Dass die Sonne scheint und du weißt, eigentlich müsstest du raus, um das gute Wetter zu genießen, aber einfach nicht willst? Dann wurdest du von Sunshine Guilt heimgesucht – wovon?

Was ist Sunshine Guilt?

Die etwas sperrige deutsche Übersetzung wäre „Sonnenscheinschuld“. Das Phänomen beschreibt das Gefühl von Reue, schlechtem Gewissen oder auch Scham, dass einen überkommt, wenn man an einem schönen Tag mit Sonnenschein zu Hause bleibt und das gute Wetter nicht ausnutzt. Sunshine Guilt fühlt sich für viele Betroffene an, als würden sie etwas vergeuden oder verpassen. Vor allem im Frühling, wenn die Sonne seit gefühlt drei Monaten nicht zu sehen war, verstärkt sich die Sonnenscheinschuld bei vielen. Ein wenig FOMO, gepaart mit Bed Rotting und Schamgefühlen – keine schöne Kombination.

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Sunshine Guilt auf TikTok

Doch so viel vorab; du bist mit Sunshine Guilt keineswegs allein! Auf TikTok wurde der Begriff erstmals populär gemacht – und damit endlich ein Wort bzw. Zustand geschaffen, den viele fühlen. Die Userin @thereneereina, beschreibt, wie sich diese Schuldgefühle bei ihr manifestieren: „Ich fühle diesen gewissen Druck, einen Spaziergang zu machen und das Wetter zu genießen, und denke die ganze Zeit darüber nach, dass ich eigentlich draußen sein sollte. Damit ist mein Tag ruiniert.“ Mit ihrem Video erntet sie dafür viel Zuspruch und tausende Nutzer*innen bestätigen die Schuldgefühle. Viele schreiben, dass ihnen der Herbst und Winter deshalb lieber sei – man könne ganz einfach ohne schlechtes Gewissen den ganzen Tag zu Hause gammeln.

Wie entsteht Sunshine Guilt?

Vermutlich wurden viele mal mehr, mal weniger von diesem schlechten Gewissen heimgesucht, wenn sie nicht eine Sekunde vor der Tür waren, um die Sonne zu genießen. Aber wieso ist das so und wie entsteht Sunshine Guilt? Dr. Nadia Teymoorian, Psychologin des Moment of Clarity Mental Health Centers in Kalifornien erklärt gegenüber dem US-Magazin Bustle, dass Sunshine Guilt mit FOMO (Fear of Missing Out) in Verbindung steht. Bei gutem Wetter gehen wir besonders davon aus, dass alle anderen rausgehen und ihr bestes Leben leben – während wir drinnen hocken und unsere Zeit nicht optimal nutzen.

Kevin Belcastro, Therapeut am Mental Health Center of San Diego fügt gegenüber Bustle hinzu, dass gesellschaftliche Normen eine große Rolle spielen können und dass Sunshine Guilt in Verbindung mit hohen Erwartungen steht. Wir haben das Gefühl, uns selbst zu enttäuschen, indem wir die hohen gesellschaftlichen Standards, die wir uns selbst als Norm gesetzt haben, nicht einhalten können. Denn einfach nur nichts zu tun (auch bei schlechtem Wetter) hat ein negatives, gar faules Stigma in der Gesellschaft – umso größer fühlt sich das dann entsprechend bei gutem Wetter an. Möglicherweise ist auch die Konditionierung aus der Kindheit mitverantwortlich. Denn wir alle haben doch bestimmt noch unsere Mutter im Ohr, die uns sagt, dass wir rausgehen sollen, weil das Wetter so schön ist.

Das Gefühl, sich wie ein großer Versager*in zu fühlen, wird durch die sozialen Medien natürlich noch verstärkt, und für Menschen, die ohnehin schon mit sozialem Stress und ihrer mentalen Gesundheit kämpfen, wird der Stress und der Druck immens. Höchste Zeit also, dass wir uns vom Wetter nicht die Laune vermiesen lassen! Ironisch, dass das mal bei gutem Wetter gesagt werden muss … Aber der Need ist ganz klar da, und die Zahl der Betroffenen groß.

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Was kann man gegen Sunshine Guilt tun?

Du bist nicht faul, du bist keine Versagerin, du hast deinen Tag nicht vergeudet! Da das leichter gesagt, als wirklich zu glauben ist, kommt ein wichtiger Hinweis vom Experten, der sehr einleuchtend ist: Laut Belcastro hat jede*r von uns einfach andere Wege, die eigenen Energiereserven wieder aufzuladen. Während es einigen Energie gibt, Sonnenschein und Gesellschaft zu tanken, brauchen andere einfach Me-time in Form von drinnen im Bett liegend Trash-TV zu schauen. Und das ist vollkommen fein.

Die Psychologin Nadia Teymoorian empfiehlt, sich nicht von Schuldgefühlen leiten zu lassen, und zwanghaft versuchen zu wollen, sich zu amüsieren. Stattdessen sollte man versuchen, sich auf „die Selfcare und die eigenen Bedürfnisse und Prioritäten zu konzentrieren“. Außerdem gibt sie Folgendes zu bedenken, dass das schlechte Gewissen bei Sunshine Guilt gekonnt relativiert: „Denken Sie daran, dass Sie Ihre eigene Geschichte schreiben, dass Sie also die Wahl haben und dass Sie in der Lage sind, ein Gefühl der Ausgeglichenheit und des Glücks zu schaffen“, so Teymoorian. Am wichtigsten sei es, glückliche Erinnerungen, die auf eigenen Bedürfnissen basieren, zu kreieren. Und wenn das lautet, dass du trotz 30 Grad Celsius den ganz Tag im Bett den Bachelor schaust, ist es halt genau das, was du und dein Körper gerade brauchen, um Energie zu tanken!

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