Von wegen “Shock Move“: Darum ist Kompany eine Top-Lösung für den FC Bayern

By Dominik Hager

Vincent Kompany soll in der kommenden Woche offiziell als Bayern-Trainer vorgestellt werden. Damit nimmt eine zermürbende und von vielen Enttäuschungen geprägte Suche nach dem Tuchel-Nachfolger ein Ende.

Offensichtlich ist allerdings schon jetzt, dass der 38-Jährige mit vielen Zweiflern klarkommen muss. Insbesondere in England ist das Erstaunen groß, dass die Münchner ausgerechnet mit einem Coach zusammenarbeiten möchten, der aus der Premier League abgestiegen ist. In der Presse fallen Begriffe wie “Wagnis“, “Plan J“ oder sogar “Shock Move“. Nachdem Kompany vor einem Jahr noch für seinen Aufstieg mit dem FC Burnley gefeiert wurde und als “The next big thing“ auf dem Trainermarkt betitelt wurde, wird er nun für eine naive Spielidee und einem fehlenden Plan B getadelt.

Die Reaktionen der Bayern-Fans im Netz fallen ebenfalls durchwachsen aus, was angesichts der Trainer-Vita des Belgiers nicht erstaunlich ist. Und doch gibt es zahlreiche Gründe, warum es für den FC Bayern äußerst positiv ist, Kompany für sich zu gewinnen.

1. Kompany verbreitet ein Neustart-Gefühl

Der FC Bayern nimmt bereits seit mehreren Jahren eine Entwicklung, die niemandem gefallen kann. Nach den vielen Titelgewinnen scheint die absolute Hingabe vor allem in der Bundesliga zu fehlen. Demnach ist es unabdingbar, im Sommer einen größeren Kader-Umbruch durchzuführen. Für diese Art Neubeginn ist es allerdings wichtig, einen Trainer an Bord zu haben, der diesen auch verkörpert. Bei einer Rückkehr von Hansi Flick hätte man sich vielmehr wie in einer rückwärts fliegenden Zeitkapsel gefühlt. Eine echte Aufbruchstimmung kann nur ein Trainer verbreiten, der dynamisch und unverbraucht ist, voller Tatendrang steckt und dem Verein ein neues Gesicht verleiht. In diesem Sinne ist Kompany eine wesentlich vielversprechendere Wahl als ein “Weiter so“ mit Tuchel oder eine Rückkehr zu Flick oder Nagelsmann.

2. Entscheidung nach Spielidee und nicht nach Namen

Gewiss hätte es eine ganze Reihe an deutlich größeren Trainer-Namen mit viel mehr Erfahrung gegeben. Denken wir nur an José Mourinho, Mauricio Pochettino oder Max Allegri. Trotz ihrer ruhmreichen Vergangenheit hätten diese Coaches aber überhaupt nicht oder nur teilweise nach München gepasst,

Kompany hingegen steht für einen offensiven und auf Ballbesitz ausgerichteten Spielstil im 4-2-3-1-System. Seine Spielidee ist geprägt von vielen kurzen Pässen und schnellen Positionswechsel. Kompany kann dem FC Bayern wieder ein klares Offensiv-Konzept verleihen, welches man unter Thomas Tuchel vermisst hat. Gegen den Ball lässt Kompany ein konsequentes Gegenpressing spielen. Damit waren die Münchner schon unter Pep Guardiola und Hansi Flick erfolgreich. Insbesondere einen Hauch Guardiola dürfte Kompany nach München zurückbringen. Vom Katalanen, der Kompany sehr schätzt, ließ er sich während seiner Zeit bei Manchester City inspirieren.

Wie effektiv sein Stil sein kann, hat Kompany mit dem souveränen Aufstieg des FC Burnley aus der Championship in die Premier League gezeigt. Kompany hatte zum Saisonende 14 Punkte Vorsprung auf den Tabellen-Zweiten, was zeigt, dass er eine Liga dominieren kann. Dies sind Fähigkeiten, die auch beim FC Bayern absolut gefragt sind.

3. Kompany gilt als Kommunikator und Jugend-Förderer

Der FC Bayern hat mit Jamal Musiala, Mathys Tel und Aleksandar Pavlovic ungewohnt viele junge Spieler an Bord, die in den kommenden Jahren das Gesicht der Mannschaft darstellen sollen. Demnach ist es wichtiger denn je, einen Coach an Bord zu haben, der auch auf die Youngster setzt. Kompany gilt als Jugendförderer und zudem als exzellenter Kommunikator. Der Belgier ist ein Freund von klaren Ansprachen und spricht die beim FC Bayern so wichtigen Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch.

4. Autorität ist keine Frage des Alters, sondern des Auftretens

Es gibt durchaus Zweifel, ob Vincent Kompany mit seiner geringen Trainer-Erfahrung und seinem recht jungen Alter die nötige Autorität für einen Posten als Bayern-Coach hat. Diese Zweifel sind allerdings unbegründet.

Autorität ist schließlich keine Frage des Alters, sondern des Auftretens. Kompany wurde schon während seiner Spieler-Karriere enorm geschätzt und respektiert. Nicht umsonst hat er bereits mit Mitte 20 das Kapitänsamt bei Manchester City und der belgischen Nationalmannschaft übernommen.
Auf diese Weise hat er für viele Jahre mit Stars zusammengearbeitet und sich Gehör verschafft. Es gibt also keinen Grund, anzunehmen, dass Star-Spieler Kompany nicht ausreichend respektieren würden.

Kompany besitzt eine große Aura und kann wenn nötig auch auf den Tisch hauen. Seine Kabinen-Wutrede ging viral und zeigt, dass er klare und heftige Ansagen machen kann, bei denen der ein oder andere Spieler auch mal ganz klein wird. Dieses Feuer benötigt der FC Bayern dringender denn je.

5. Parallelen zu Xabi Alonso nicht von der Hand zu weisen

Die Parallelen zwischen Xabi Alonso und Vincent Kompany sind fast schon erschreckend. Bei beiden handelt es sich um frühere Weltklasse-Spieler, die direkt nach ihrer Karriere in das Trainergeschäft eingestiegen sind. Zudem sind beide fast im gleichen Alter und besitzen eine klare Spielphilosophie. Beide vereint aber auch ein holpriger Start ins Trainer-Business. Tatsächlich ist Alonso unmittelbar vor seinem Wechsel nach Leverkusen mit Real Sociedad B abgestiegen. Gleiches ist Kompany in Burnley passiert. Die Tatsache, dass Alonso mit einem besseren Spielerpersonal an seiner Seite auf Anhieb durchstarten konnte, beweist jedoch, dass man Abstiege mit unterlegenen Teams nicht überbewerten darf. Bewegen sich beide wie bisher im Gleichschritt, kann auch Kompany bei einem Top-Klub Erfolge feiern.

6. Eberl bekommt seinen Willen durchgesetzt

Schenkt man den aktuellen Medienberichten Glauben, hat sich Max Eberl mit den Worten “Vertraut mir. Ich sehe etwas in Vincent Kompany“ durchgesetzt. Insbesondere Ehrenpräsident Uli Hoeneß soll eine Rückkehr von Hansi Flick bevorzugt haben. Für den FC Bayern ist es allerdings wichtig, dass die aktuelle sportliche Leitung das Ruder übernimmt und Entscheidungen treffen darf. Das Kommen von Kompany ist endlich ein erstes Zeichen dafür, dass nicht für alle Zeiten Hoeneß oder Rummenigge als oberste Entscheidungsträger fungieren, sondern die neue Generation das Ruder übernehmen und den Verein zumindest einigermaßen selbstständig lenken kann.


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