Trump-Prozess: Jury berät über Urteil

Ihm droht bei einer Verurteilung unter anderem eine mehrjährige Freiheitsstrafe: Donald Trump. Julia Nikhinson/POOL AP/AP/dpa

Im ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten haben sich die Geschworenen zur Beratung über das Urteil zurückgezogen. Im Verfahren gegen Donald Trump entließ Richter Juan Merchan die Jury nach den obligatorischen Anweisungen an die zwölf New Yorker aus dem Gerichtssaal, wie mehrere anwesende Journalisten berichteten. Die Geschworenen müssen nun ein einstimmiges Urteil fällen. Normalerweise dauern diese Beratungen zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen.

Im Falle eines Schuldspruchs wird Richter Merchan das Strafmaß an einem gesonderten Termin festlegen. Trump droht bei einer Verurteilung eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Der Republikaner hat auf nicht schuldig plädiert und könnte selbst im Falle eines Schuldspruchs bei der Präsidentenwahl im November antreten. Sollten die Geschworenen sich auch nach längerer Beratung nicht einigen können, wäre der Prozess geplatzt. Dann könnte er mit einer anderen Jury erneut aufgerollt werden.

Seit Mitte April wurden mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen in dem Verfahren angehört. Die Staatsanwaltschaft wirft Trump vor, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verbessern wollen und den Geldfluss anschließend unrechtmäßig verbucht. Obwohl die - von keiner Seite bestrittene - Zahlung selbst nicht illegal war, soll der heute 77-Jährige bei der Erstattung des Betrags an seinen damaligen persönlichen Anwalt Michael Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu verschleiern. Dadurch habe er sich der illegalen Wahlkampf-Finanzierung in 34 Fällen schuldig gemacht.

Auswirkungen auf US-Wahlkampf erwartet

Das Urteil dürfte sich auch auf den gegenwärtigen Wahlkampf in den Vereinigten Staaten auswirken - die Frage dabei ist aber: wie stark und zu wessen Vorteil? Trump versucht die Anschuldigungen in einen persönlichen Vorteil umzumünzen und seine Anhängerschaft zu mobilisieren, indem er sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz inszeniert. Amtsinhaber Joe Biden wiederum, der im November wiedergewählt werden möchte, scheint von der Prozessarie gegen seinen Herausforderer bislang nicht erkennbar zu profitieren. US-Medien spekulierten angesichts der starken Spaltung der US-Gesellschaft und der polarisierenden Figur Trump, es sei wahrscheinlicher als in anderen Prozessen, dass sich die Geschworenen nicht auf ein Urteil einigen können.

«Der größte Lügner aller Zeiten»

Vor dem Ende des Prozesses hatten Verteidigung und Anklage am Dienstag eine letzte Möglichkeit, die Meinung der zwölf Geschworenen in dem weltweit beachteten Fall noch einmal zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Staatsanwalt Joshua Steinglass sagte: «Dieses Komplott, das diese Männer damals ausgeheckt haben, könnte durchaus dazu geführt haben, dass Präsident Trump gewählt wurde.» Er verwies dabei auf einen angeblichen Plan, den Trump, sein Anwalt Cohen und der Herausgeber eines Boulevard-Magazins geschmiedet haben sollen, um unvorteilhafte Berichterstattung über den republikanischen Präsidentschaftsbewerber vor der Wahl 2016 zu verhindern. Dies mündete letztendlich auch in der Zahlung an Daniels.

Trumps Verteidiger beteuerte derweil dessen Unschuld: Sein Mandant habe kein Verbrechen begangen und die Staatsanwaltschaft habe ihre Vorwürfe nicht belegen können, sagte Todd Blanche. Er griff erneut die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen an: «Sie können Präsident Trump auf Grundlage der Aussagen von Michael Cohen nicht zweifelsfrei eines Verbrechens verurteilen.» Der ehemalige persönliche Anwalt Trumps habe wie so oft auch bei seiner Zeugenaussage gelogen. Cohen sei «der größte Lügner aller Zeiten», sagte Blanche.

© Deutsche Presse-Agentur GmbH