Donald Trump verurteilt: Anhänger rufen zu Krawallen und Großspenden auf

Aufrufe zu Krawallen und Großspenden

Trumps Armee läuft jetzt erst richtig heiß

Ein Trump-Anhänger unterstützt den Ex-Präsidenten nahe dessen Residenz Mar-a-Lago: Manche Unterstützer rufen nach dem Urteil zu Gewalt auf. (Quelle: IMAGO/GREG LOVETT/THE PALM BEACH POST/imago)

Ein Trump-Anhänger unterstützt den Ex-Präsidenten nahe dessen Residenz Mar-a-Lago: Manche Unterstützer rufen nach dem Urteil zu Gewalt auf. (Quelle: IMAGO/GREG LOVETT/THE PALM BEACH POST/imago)

Im Schweigegeldprozess in New York wurde Donald Trump in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Seine Anhänger aber schert das nicht.

Dieses Urteil ist historisch: Die Jury hat den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump im Schweigegeldprozess am Donnerstag in New York in allen 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Das ist ein Novum in der US-Geschichte, denn noch nie zuvor hatte es einen Schuldspruch in einem Strafprozess gegen einen US-Präsidenten gegeben.

Als der Vorsitzende der Geschworenenjury den Schuldspruch verkündete, habe Trump seine Augen geschlossen und den Kopf geschüttelt, berichtet die "New York Times" über die erste Reaktion des republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Beim Verlassen des Gerichtssaals gab sich Trump dann wieder in gewohnter Manier: Vor Reportern sprach er von einer "Schande" und von einem "manipulierten Prozess". Das "wahre Urteil" werde am 5. November bei der Präsidentschaftswahl an den Wahlurnen gefällt, sagte Trump. Er sei unschuldig. "Ich kämpfe für unser Land. Ich kämpfe für unsere Verfassung."

Während Trump-Gegner vor dem Gericht in New York und in sozialen Netzwerken das Urteil feiern, richten der Republikaner und seine Gefolgsleute den Blick schon nach vorn. Direkt nach dem Schuldspruch schaltete Trumps Team das neue Thema der Spendenwebseite für seinen Wahlkampf (t-online berichtete): Der Ex-Präsident will das Urteil zu seinen Gunsten nutzen und Spenden mobilisieren. Trump selbst bezeichnet sich auf seiner eigenen Plattform Truth Social und in einer Rundmail an seine Unterstützer als "politischer Gefangener" – obwohl er auf freiem Fuß ist und ohne Kautionszahlung das Gericht verlassen durfte.

"Es ist Zeit, ein paar Linke zu erschießen"

Trump weiß um die Aufmerksamkeit für seine diversen Prozesse und will daraus Kapital schlagen. Eine Übersicht über die Verfahren, die derzeit gegen Trump laufen, lesen Sie hier. Seine Unterstützer scheinen angesichts des Urteils nun zu allem bereit zu sein: Die Spendenwebseite brach kurz nach dem Schuldspruch zusammen, mehrere Großspender kündigten hohe Geldbeträge für Trumps Kampagne an, und in sozialen Netzwerken wird zu Krawallen und Vergeltung aufgerufen.

In sozialen Netzwerken wurden vielfach Gewalttaten und Proteste gefordert. Das ergab eine von der Nachrichtenagentur Reuters vorgenommene Sichtung der Stellungnahmen auf den drei Trump-nahen Websites: Trumps eigene Plattform Truth Social, Patriots.win und Gateway Pundit.

Trump-Unterstützer nahe seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida: Bisher ist nicht mit einem Absinken von Donald Trumps Umfragewerten zu rechnen. (Quelle: IMAGO/GREG LOVETT/THE PALM BEACH POST/imago)

Trump-Unterstützer nahe seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida: Bisher ist nicht mit einem Absinken von Donald Trumps Umfragewerten zu rechnen. (Quelle: IMAGO/GREG LOVETT/THE PALM BEACH POST/imago)

"Jemand in New York, der nichts zu verlieren hat, muss sich um Merchan kümmern", schrieb ein Kommentator auf Patriots.win mit Blick auf den Richter Juan Merchan. "Hoffentlich wird er von Illegalen mit einer Machete getroffen", hieß es in Anspielung auf illegal eingereiste Einwanderer. Auf Gateway Pundit hieß es in einem Post: "Es ist Zeit, ein paar Linke zu erschießen. Das lässt sich nicht durch Wahlen regeln."

Viele Trump-Anhänger werteten den Schuldspruch als Beleg dafür, dass das politische System nicht funktioniere. "1.000.000 (bewaffnete) Männer müssen nach Washington gehen und alle aufhängen. Das ist die einzige Lösung", schrieb einer auf Patriots.win. Ein anderer fügte hinzu: "Trump sollte bereits wissen, dass er eine Armee hat, die bereit ist, für ihn zu kämpfen und zu sterben." In mehreren Posts wurde dazu aufgerufen, Demokraten ins Visier zu nehmen, und in einigen Fällen wurde vorgeschlagen, sie zu erschießen.

Kommt jetzt die große Spendenwelle für Trumps Wahlkampf?

Der Mitautor des Buchs "God, Guns, and Sedition: Far-Right Terrorism in America" über die extreme Rechte in Amerika, Jacob Ware, warnte vor der Fähigkeit Trumps, Extremisten zu mobilisieren. "Solange er den Prozess nicht akzeptiert, wird die extremistische Reaktion auf seine juristischen Probleme militant sein", sagte er Reuters.

Matthew Barlett, ein ehemaliger Mitarbeiter der Regierung Trumps, sagte der US-Zeitung "Politico", dass das Urteil die Basis nun "völlig entfesseln" werde. "Diejenigen, die bisher Unterstützer waren, werden mehr beitragen. Und diejenigen, die am Rande geblieben sind, werden sich um das scharen, was sie hier als eine Travestie der Justiz ansehen", sagte Bartlett. "Während [Trump] in 34 Fällen schuldig gesprochen wurde, können Sie wahrscheinlich erwarten, dass 34 Millionen Dollar fließen werden."

Barlett scheint zunächst recht zu behalten. Mehrere Großspender haben hohe Geldbeträge für Trumps Wahlkampf angekündigt. Für Trump kommt das gerade zur rechten Zeit: Ende April lag seine Kampagne mit Blick auf die mobilisierten Spendensummen weit hinter der seines Konkurrenten in der Präsidentschaftswahl, Amtsinhaber Joe Biden, zurück. Während Bidens Team schon rund 84 Millionen US-Dollar (rund 78 Millionen Euro) mobilisiert hatte, konnte Trump lediglich mit 49 Millionen US-Dollar (rund 45 Millionen Euro) aufwarten.

Ein Verkäufer bietet vor dem Weißen Haus in Washington Buttons an, mit denen Trump-Gegner ihre Ablehnung ausdrücken und den Schuldspruch feiern können. (Quelle: IMAGO/Ken Cedeno/imago)

Ein Verkäufer bietet vor dem Weißen Haus in Washington Buttons an, mit denen Trump-Gegner ihre Ablehnung ausdrücken und den Schuldspruch feiern können. (Quelle: IMAGO/Ken Cedeno/imago)

So erklärte der ehemalige republikanische Abgeordnete Lee Zeldin auf der Plattform X, dass ihm von einem anonymen Geldgeber eine Spende über 800.000 Dollar (rund 740.000 Euro) zugesagt worden sei. "Ich habe noch nie erlebt, dass es so einfach war, eine große Bitte zu stellen."

Shaun Maguire, ein Tech-Investor aus dem Silicon Valley, der vorher noch nicht für Trump gespendet hatte, gab nach dem Urteilsspruch auf X bekannt, dass er 300.000 Dollar zur Unterstützung von Trump gespendet habe. "Ich glaube, dass unser Justizsystem als Waffe gegen ihn eingesetzt wird", sagte Maguire.

Zuletzt brachten Trumps Prozesse ihm nicht viele Spenden ein

Dass Trump seine Prozesse dafür nutzt, um Spenden einzutreiben, ist nicht völlig neu. Bereits am Tag seiner Anklage in New York am 4. April 2023 spendeten beinahe 80.000 Menschen insgesamt gut vier Millionen US-Dollar (rund 3,7 Millionen Euro) für Trumps Wahlkampf. Als er am 13. Juni 2023 darüber hinaus auch in Miami angeklagt wurde, mobilisierte er nochmals rund 1,3 Millionen US-Dollar (rund 1,2 Millionen Euro) von gut 35.000 Geldgebern.

Es ist zu erwarten, dass der Schuldspruch deutlich mehr Spenden in Trumps Wahlkampfkasse spülen wird. Jason Roe, ein ehemaliger Stratege für die republikanische Partei, sagte "Politico", dass Trump sich in die "Robe des Märtyrers hüllen" werde. "Er wird mehr Feuer auf der Bühne haben und wahrscheinlich noch größere Menschenmengen bei seinen Kundgebungen, und ich denke, das wird ihm einen unglaublichen Schwung für die Zukunft geben."

Tucker Carlson (links) mit Donald Trump: Der ehemalige Fox-News-Moderator unterstützt Trump trotz des Schuldspruchs. (Quelle: IMAGO/PETER FOLEY)

Tucker Carlson (links) mit Donald Trump: Der ehemalige Fox-News-Moderator unterstützt Trump trotz des Schuldspruchs. (Quelle: IMAGO/PETER FOLEY)

Darüber hinaus warben Influencer und bekannte Medienpersönlichkeiten um Spenden für Trumps Kampagne und verurteilten den Schuldspruch. Der ehemalige Fox-News-Moderator Tucker Carlson schrieb auf X: "Importieren Sie die Dritte Welt, werden Sie zur Dritten Welt." Das habe man mit dem Urteil erlebt, so Tucker. "Das wird Trump nicht aufhalten. Er wird die Wahl gewinnen, wenn er nicht vorher getötet wird." Der Schuldspruch markiere "das Ende des fairsten Rechtssystems der Welt". Jeder, der dieses Urteil verteidigt, sei "eine Gefahr für Sie und Ihre Familie", teilte er seinen Followern mit.

Umfragen nun mit Vorsicht zu genießen

Welchen Einfluss das Urteil auf die Umfrageergebnisse zur Präsidentschaftswahl haben wird, lässt sich noch nicht absehen. Trump-Wähler ließen zumindest nicht sofort erkennen, dass sie ihre Wahl wegen des Schuldspruchs überdenken würden. Ein Unterstützer aus South Carolina sagte CNN, dass das Urteil eine "Misshandlung des Justizsystems" sei. Ein weiterer Anhänger aus dem Bundesstaat Michigan zweifelte die Entscheidung im Gespräch mit dem Sender an: "Ich rieche Bullshit."

Betsy Sarcone, eine republikanische Wählerin aus Iowa, sagte CNN, dass sie bei den Vorwahlen eigentlich für Trumps Konkurrentin Nikki Haley gestimmt habe, danach jedoch in Trumps Lager gewechselt sei. Das Urteil beeinflusse ihre Entscheidung, republikanisch zu wählen, in keinster Weise, so Sarcone. "Ich mag Donald Trump nicht einmal, aber das war eine Hexenjagd, erfundene Verbrechen vonseiten des Richters und des Staatsanwalts. Es wird niemals in der Berufung Bestand haben", prophezeite sie. Die Menschen hätten "die Nase voll" von "Nebenschauplätzen" vor der Wahl. "Um es klar zu sagen: Ich bin immer noch kein Trump-Fan, aber es ist ziemlich klar, dass diese Fälle politisch motiviert sind."

Selbst wenn Erhebungen kurz nach dem Urteil drastische Veränderungen im Wählerverhalten anzeigen sollten, so wären sie mit großer Vorsicht zu genießen. Es ist unwahrscheinlich, dass das Urteil gegen Donald Trump einen langfristigen Effekt auf die Präferenzen der Wähler hat. Einer Umfrage des Senders PBS zufolge sagten bereits vor dem Schuldspruch 67 Prozent der Befragten, dass die Juryentscheidung keinen Einfluss auf ihre Stimmentscheidung im November haben werde. 25 Prozent der Republikaner sagten demnach sogar, dass ein Schuldspruch ihr Kreuz für Trump noch sicherer machen würde. Ebenfalls gaben lediglich 27 Prozent der Demokraten an, dass ihre Stimme für Trump dadurch noch unwahrscheinlicher werden würde.

Verwendete Quellen:

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