Hochwasser: Menschen im Süden in Sicherheit bringen

Besonders in der Bodensee-Region besteht Hochwasser-Gefahr. Marc Tirl/dpa-Zentralbild/dpa

Am Samstag heißt es bangen: In vielen Gemeinden entlang der von Dauerregen belasteten Flüsse in Süddeutschland könnte es zu heftigen Überschwemmungen kommen. Vorausschauend haben gleich einige Gemeinden ihre Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, Keller zu meiden oder gar für ein paar Tage woanders zu schlafen. Ein Landkreis ist vorbeugend im Katastrophenmodus.

Im Fokus stand die Bodensee-Region: Wegen akuter Überflutungsgefahr wird rund 1300 Menschen im baden-württembergischen Meckenbeuren geraten, ihr Zuhause zu verlassen. Es handele sich um keine Evakuierung, sondern um eine Empfehlung, sagte eine Sprecherin der Gemeinde in Oberschwaben. Es wurde laut Mitteilung damit gerechnet, dass es insbesondere am Fluss Schussen zu extremem Hochwasser kommen könnte.

Die Feuerwehr informierte den Angaben zufolge mit Durchsagen die betroffenen Anwohner, die für die kommenden Nächte bei Angehörigen oder Freunden unterkommen sollen. Alternativ gibt es Schutzräume.

Über 100 Liter pro Quadratmeter

Im schwäbischen Sigmarszell im Landkreis Lindau etwa fielen innerhalb eines Tages rund 128 Liter Regen pro Quadratmeter. Auch in fünf weiteren Städten in Bayern und Baden-Württemberg kamen bis zuletzt Niederschlagsmengen von mehr als 100 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zusammen, wie ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sagte.

Im bayerischen Ottobeuren im Landkreis Unterallgäu waren es rund 108 Liter sowie in Weiler-Simmerberg im Landkreis Lindau circa 104 Liter. In Baden-Württemberg war Wangen im Allgäu (Landkreis Ravensburg) der Ort mit dem meisten Regen, dort fielen rund 108 Liter pro Quadratmeter. In Kißlegg waren es rund 105 Liter.

Auf keinen Fall im Keller schlafen

«Wir hoffen immer noch, dass sich die Wetterlage etwas entspannt und die Hochwasserpegel weniger dramatisch ausfallen als vorhergesagt», so Bürgermeister Georg Schellinger laut Mitteilung. «Heute Nacht überschreiten wir möglicherweise den Höchststand früherer Schussen-Hochwasser. Deshalb haben wir schon heute mit der Evakuierung begonnen. Wir möchten, dass sich die Menschen in Ruhe auf die herausfordernde Lage einstellen, ihre Sachen packen und vielleicht bei Freunden unterkommen können - und nicht in der Nacht aus den Betten gerissen werden.»

Unweit in Weingarten bei Ravensburg sollen Bewohner großer Teile der Stadt die Untergeschosse meiden und auf keinen Fall im Keller schlafen. Diese Empfehlung gab die Feuerwehr kürzlich heraus. Auch ihnen wurde geraten, bestenfalls bei Verwandten und Freunden außerhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten.

«Es ist leider zur Zeit unklar, wie schnell die Pegel im weiteren Verlauf steigen werden. Daher gilt besondere Vorsicht!», hieß es auf der Seite der Einsatzkräfte. Laut dem Landkreis Ravensburg war nicht auszuschließen, dass einzelne Städte oder Gemeinden möglicherweise Evakuierungsentscheidungen treffen könnten.

Überflutete Keller und Straßen in Schwaben

Infolge des Dauerregens ist der Fluss Zusam im Landkreis Augsburg über die Ufer getreten und hat in der Marktgemeinde Straßen überspült und einige Keller geflutet. Es habe aber weder große Schäden noch Verletzte gegeben, teilte die Polizei mit. Die Zusam erreichte laut dem Hochwassernachrichtendienst Bayern am Pegel Fleinhausen in der Nacht die Meldestufe drei von vier.

In Lindau am Bodensee waren bereits erste Straßen und Unterführungen überflutet worden und der Stadtbus-Verkehr musste eingestellt werden. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk seien im Dauereinsatz, sagte eine Sprecherin der Stadt. Aus einem Mehrfamilienhaus mussten Bewohner evakuiert werden, da durch eingedrungenes Wasser die Möglichkeit eines Kurzschlusses bestanden habe.

Vor allem große Teile Baden-Württembergs und Bayerns erwartet ein Wochenende mit erheblichem Dauerregen. Es besteht laut Deutschem Wetterdienst (DWD) vielerorts die höchste Warnstufe. Regional könnten Niederschlagsmengen von bis zu 120 Liter pro Quadratmeter erreicht werden.

Landkreis Günzburg ruft vorsorglich Katastrophenfall aus

Ein Landkreis in Bayern hat bereits den Katastrophenfall ausgerufen - ebenfalls vorbeugend. In der Region Günzburg gehe es darum, die potenziell betroffenen Städte und Gemeinden besser unterstützen zu können, teilte das Landratsamt mit. Dafür seien Einsatzkräfte aus dem gesamten Landkreis nötig. Camping- und Freizeitplätze an den Flüssen Günz, Kammel und Mindel sollten evakuiert werden - hier dürften während der Pfingstferien viele Gäste des Freizeitparks Legoland verweilen.

Wir nehmen die Situation sehr ernst», sagte Landrat Hans Reichhart (CSU). «Wir wollen die Zeit, die wir jetzt noch haben, bis das Hochwasser den Landkreis Günzburg erreicht, optimal nutzen.» Laut Wasserwirtschaftsamt könnte stellenweise ein Jahrhunderthochwasser erreicht werden.

Notfallgepäck packen

Auch weiter westlich an der Donau, etwa in Neu-Ulm, sowie an deren Zuflüssen wird stellenweise mit einem Hochwasser gerechnet, das statistisch nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommt und vergleichsweise stark ausfällt. Etwa im Landkreis Biberach wurden Menschen in betroffenen Gebieten dazu aufgerufen, auf ihre Sicherheit zu achten. Dort bestehe potenziell Lebensgefahr. Sie sollten Notfallgepäck vorbereiten.

Und es sollte die NINA-Warnapp auf das Smartphone geladen werden, um zeitnahe Informationen zu erhalten - so eingestellt, dass bei einer Evakuierungsmeldung ein Alarm ertönt. «Dazu muss das Handy angeschaltet sein und darf sich nicht im Flugmodus befinden», betonte etwa das Landratsamt Ravensburg.

Hochwasserrisiko auch in Hessen, Unwettergefahr im Osten

Auch in anderen Regionen haben die Niederschläge die Wasserstände in Flüssen ansteigen lassen - und weitere Zuwächse werden erwartet. In Hessen ist laut dem regionalen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie ein statistisch nur alle 20 Jahre auftretendes Hochwasser an Rhein und Neckar möglich.

Im Osten Deutschlands müssen sich die Menschen laut DWD auf viel Regen, teils auch auf Gewitter einstellen. Allerdings treffe das Unwetter Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt voraussichtlich weniger stark als zunächst befürchtet.

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