Auswanderin verrät: Das hätte ich gerne gewusst, bevor ich ausgewandert bin

Ein Umzug ins Ausland sollte am besten beginnen mit einer guten To-do-Liste, findet watson-Autorin Franziska Wohlfarth.

Unsere Kollegin Franziska Wohlfarth hat bei watson gekündigt, weil sie nach Australien ausgewandert ist. Ganz weg ist sie aber nicht: In ihrer Kolumne "Die Auswanderin" berichtet sie einmal im Monat von ihren Erlebnissen aus Down Under.

Immer, wenn es mir an einem Urlaubsort ganz besonders gut gefällt, verspüre ich das Verlangen, mich für immer dort niederzulassen. Es braucht nur etwas Sonnenschein, nette Locals, gutes Essen und schon besteht mein Suchverlauf aus Immobilienwebsites, Jobportalen und Visa-Recherchen. So ging es mir auch nach meinem Auslandsjahr in Australien. Aber dieses Mal hörte es nicht wieder auf – weshalb ich nun seit über einem Jahr dauerhaft in Melbourne lebe. Ich habe meine Google-Suche in die Tat umgesetzt.

Mit meinem Wunsch, Deutschland zu verlassen, bin ich nicht allein.Die meisten Leute haben im Laufe ihres Lebens bereits mit dem Gedanken gespielt, ihr Urlaubsziel zum neuen Wohnort zu machen. Doch angenommen, man möchte den Traum vom Auswandern tatsächlich in die Tat umsetzen: Wie stellt man sich solch einer Mammutaufgabe überhaupt? Wo fängt man am besten an? Was muss man beachten? Das sind meine Tipps.

Frühzeitig ums Visum kümmern

Wer als EU-Bürger:in in ein Nicht-EU-Land auswandern möchte, muss sich zuallererst um ein passendes Visum kümmern. Für viele, die nach Australien ziehen wollen, ist die begrenzte Auswahl an Visa-Optionen einer der Hauptgründe für das Scheitern der Auswanderungspläne. Insbesondere wenn man nicht über den Arbeitgeber gesponsort wird, kommen hier einige finanzielle und bürokratische Hürden auf einen zu.

Ich hatte das Glück während meiner Australienreise die Liebe meines Lebens kennenzulernen und mich auf diesem Wege für das Partnervisum zu qualifizieren. Doch selbst wenn man, wie ich, bereits seit sechs Jahren mit einer australischen Person zusammen und dazu auch noch verheiratet ist, wird einem der Aufenthaltstitel nicht einfach so hinterhergeworfen.

Um in Australien bleiben zu dürfen, musste ich über Monate hinweg Beweise sammeln, die die Echtheit meiner Beziehung belegen, 6000 Euro hinblättern und sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen.

Die richtige Planung ist beim Umzug ins Ausland das A und O.

Bevor man sein Herz also komplett an ein Land verliert, sollte man sich über geeignete Visa-Optionen informieren und sich im Klaren über den gesamten Umfang des Bewerbungsprozesses sein. Generalkonsulate, Botschaften und spezielle Anwält:innen können hierbei helfen.

Finanzielle Puffer: Ohne sparen geht es nicht

Auch abgesehen von den Kosten für das Visum, schlägt ein Umzug ins Ausland ganz schön auf den Geldbeutel. Wer antike Möbel und andere Einrichtungsgegenstände auf einen anderen Kontinent mitnehmen möchte, muss sich Platz in einem Schiffscontainer mieten. Da es für mich keinen Sinn ergeben hat, meine Billy-Regale für mehrere tausend Euro nach Australien schippern zu lassen, habe ich meine alte Wohnung in Berlin vor meinem Umzug damals komplett aufgelöst und mir alle Möbel in Australien neu gekauft.

Generell würde ich allen empfehlen, wenn möglich, minimalistisch auszuwandern. Mein:e Partner:in und ich sind damals nur mit zwei großen Koffern, Handgepäck und einem Umzugskarton in Australien eingereist. Gegenstände mit emotionalem Wert konnte ich glücklicherweise bei meiner Familie unterstellen. Dort sind meine Kuscheltiere und Kinderbücher gut aufgehoben und beim nächsten Heimatbesuch finde ich bestimmt noch etwas Platz in meinem Koffer, um sie Stück für Stück nach Australien umzusiedeln.

Beim Packen müssen Prioritäten gesetzt werden.

Neben den Kosten für neue Möbel und gegebenenfalls ein neues Auto, sollte man außerdem einkalkulieren, dass man nach einem Umzug ins Ausland in vielen Fällen nicht direkt in den Arbeitsalltag einsteigen kann. Es braucht Zeit, um das neue Zuhause einzurichten, sich an die unbekannte Umgebung zu gewöhnen und nicht immer ist die Jobsuche direkt erfolgsbringend. Besser ist es deshalb, genug Rücklagen zu haben, um sich im Notfall einige Monate ohne Einkommen über Wasser halten zu können.

Vor dem Umzug: ein paar Wochen im Zielland

Eben weil Auswandern immer auch mit hohen Kosten verbunden ist, sollte man sich bei der Wahl des neuen Heimatlandes ganz sicher sein. Schließlich wäre es ganz schön ärgerlich, wenn man sein ganzes Erspartes für Flugticket, Visum und Möbel ausgibt, nur um dann nach ein paar Wochen festzustellen, dass es im ursprünglichen Heimatland doch gar nicht so schlecht war.

Wir alle wissen, dass im Urlaub irgendwie immer alles besser ist. Wer die Möglichkeit hat, sollte vor dem Umzug deshalb ein paar Wochen im Zielland leben. Und dabei nicht nur im All-Inklusive-Resort am Pool abhängen, sondern stattdessen Zeit mit Locals verbringen und in Erfahrung bringen, was die eigentlich so von ihrem Wohnort halten. Wie schwierig ist es, eine Wohnung zu finden? Wie gut ist das Durchschnittsgehalt? Und wie sieht es mit der Altersvorsorge aus?

Ich hatte das Privileg, ein ganzes Jahr in Australien leben zu können, bevor ich den Entschluss gefasst habe, längerfristig hierherzuziehen. Ich hatte eine grobe Vorstellung über den Alltag, die Lebenshaltungskosten, das Gesundheitssystem, die Leute – jenseits der rosaroten Urlaubsbrille.

Checklisten für alles, was erledigt werden muss

Vor meiner Abreise habe ich viel Zeit damit verbracht, in Bürogebäuden herumzusitzen, die seit den 80er Jahren nicht mehr grundsaniert wurden und mich an Wartenummern festzuklammern. Das einzig Gute dabei war, dass der Abschied aus Deutschland nicht mehr ganz so schwerfiel, nachdem ich mich wochen- und monatelang mit diversen Ämtern herumschlagen musste.

"Ein Umzug ans andere Ende der Welt ist schon schwer genug, da braucht man nicht auch noch mit kafkaesken Formularen überhäuft werden."

Denn so ein abenteuerlicher Umzug ins Ausland geht leider immer auch mit einigem an Bürokratie einher. Versicherungen müssen gekündigt und abgeschlossen werden, der Führerschein muss umgeschrieben werden, die Steuergesetze müssen erfragt werden, Bankkonten müssen geschlossen werden, Reisepässe müssen verlängert werden, Arztbriefe müssen geschrieben werden und Wohnorte müssen abgemeldet werden.

Im Formulare-Ausfüllen bin ich inzwischen Weltmeisterin.

So eine lange To-do-Liste kann ganz schön überwältigend sein und selbst die organisierteste Person an ihre Grenzen bringen. Ein Umzug ans andere Ende der Welt ist schon auf emotionaler Ebene schwer genug, da braucht man nicht auch noch mit kafkaesken Formularen überhäuft werden.

Wichtig ist es deshalb, früh genug mit der Planung anzufangen, Checklisten anzufertigen und diese so bald wie möglich abzuhaken. Einiges kann man zwar auch später vom neuen Zuhause aus organisieren, doch wer hat schon Lust, in irgendwelchen Warteschleifen am anderen Ende der Welt festzustecken, weil man vor dem Umzug vergessen hat, irgendein x-beliebiges Dokument zu faxen?

Das Wichtigste: Tief durchatmen!

Ein Umzug ins Ausland kann ganz schön überwältigend sein – ich selbst hatte vor, während und nach meiner Auswanderung bereits den einen oder anderen Zusammenbruch, Heulkrampf und Wutanfall. Das wichtigste ist in solchen Situationen: Tief durchatmen. Auch wenn es wie eine leere Plattitüde klingt, kann ein kurzer Moment der Ruhe schon echte Wunder wirken.

In Australien kommt man mit dem Schulenglisch nicht weit

Mir hat es in stressigen Zeiten geholfen, mich daran zu erinnern, dass ich nicht die erste Person bin, die ausgewandert ist. Und ich werde auch nicht die Letzte sein. Unzählige Leute vor mir sind einen ähnlichen Weg gegangen und die haben es auch irgendwie alle geschafft. Wieso sollte es bei mir dann anders sein?

Und auch wenn Auswandern mit viel Arbeit, Geld und Stress verbunden ist – sobald man in seinem neuen Zuhause angekommen ist, wird man hoffentlich merken, dass es das alles wert war.