G-Klasse: So macht Mercedes den Geländewagen zukunftsfit

Mit elektrischem Rückenwind ab durch die Mitte: Die 588 PS starke elektrische G-Klasse im bevorzugten Habitat. Mercedes-Benz AG/dpa-tmn

Die G-Klasse ist das Urgestein im Mercedes-Programm. Äußerlich nahezu unverändert, haben die Schwaben den Geländewagen zwar immer wieder modernisiert, sind aber nie mit der Mode gegangen. Jetzt machen sie den nächsten großen Schritt und rüsten ihn zum Elektroauto um.

Nicht als neumodischer EQG, sondern ganz klassisch als G580 kommt er nach den Sommerferien in den Handel. Das elektrische G-Modell sortiert sich mit einem Grundpreis von 142.622 Euro zwischen dem 122.808 Euro teuren Basismodell G450d und dem AMG G63 für 189.329 Euro ein.

Zweilagiger Akku im Gepäck

Dafür gibt es ein Technologie-Paket, das es in sich hat. Denn um Kompromisse im Gelände zu vermeiden, hat Mercedes nicht einfach ins Regal gegriffen oder den Hut der G-Klasse über die Plattform des EQE gestülpt. Sondern die Schwaben haben in den Leiterrahmen einen zweilagigen Akku gequetscht, der von unten gegen Schläge gepanzert und zwischendrin gekühlt ist. Statt mühsam die Kraft einzelner Motoren zu verteilen, gibt es für jedes Rad einen eigenen.

Und weil E-Maschinen keine niedrigen Drehzahlen mögen, man offroad aber immer schön langsam fährt, gibt es eine konkurrenzlose Geländeübersetzung. Wo andere Verbrenner im Gelände betont langsam drehen, laufen die E-Maschinen dann auch bei Kriechfahrt eher hochtourig und fühlen sich damit dauerhaft wohl.

Im Gelände nicht zu stoppen

Das Ergebnis ist imposant: Auf dem Papier punktet die G-Klasse so mit 432 kW/588 PS und 1164 Nm mit 116 kWh und einer Normreichweite von 473 Kilometern. Im Gelände zeigt sich das Auto mit einer Mühelosigkeit, die ihresgleichen sucht. Nicht, dass die Verbrenner-Versionen im Gelände irgendwelche Schwächen hätten.

Aber mit seiner feinfühligen Steuerung, den automatischen, elektronischen Sperren und einem neuen Offroad-Tempomaten surrt der G580 unter Strom leichtfüßig durchs schwere Terrain – obwohl er groß und schwer ist. Und während das elektrische Modell die gleichen Steigungen und das gleiche Gefälle nimmt wie Benziner und Diesel, muss der Fahrer nicht viel mehr tun, als mit dem kleinen Finger den Kurs vorzugeben.

Und selbst dabei nimmt ihm der G580 noch die Arbeit ab: In engen Kehren macht eine spezielle Steuerung das Heck leicht und lässt den Wagen kontrolliert ums Eck driften. Und wenn es noch knapper wird oder man die Zuschauer am Straßenrand und in den sozialen Netzwerken beeindrucken will, gibt es auch noch den G-Turn. Dann laufen die Räder seitenweise in entgegengesetzter Richtung, die G-Klasse wird zum Karussell und dreht auf Asphalt mit mächtigem Quietschen und auf Schotter in einer gewaltigen Staubwolke auf der Stelle.

Auf der Straße leise und lässig

Auch auf der Straße steht die elektrische G-Klasse den Verbrennern kaum nach. Und andere Konkurrenten muss sie bis zum Debüt eines elektrischen Land Rovers ohnehin nicht fürchten. Von 0 auf 100 beschleunigt sie in 4,7 Sekunden, die sich ohne das Spektakel eines V8 noch viel imposanter anfühlen. Schluss ist bei 180 km/h, wobei man sich hier zumindest auf der Landstraße noch unterhalten kann, ohne dass man sich anders als etwa im AMG anschreien muss.

Nicht ohne Fehl und Tadel

Also alles gut beim G? Nicht ganz. Denn während die einen frohlocken, dass sich die G-Klasse zumindest beim Auftritt treu geblieben ist, schimpfen die anderen, dass sie nicht zum Angeben taugt. Oder zumindest nicht mehr als jede andere G-Klasse. Denn man muss schon den LED-Grill dazu bestellen und die sogenannte Designbox anstelle des Ersatzrads am Heck, damit man überhaupt einen Unterschied sieht.

Und dann sind da noch zwei Einschränkungen, die Puristen wie Poser gleichermaßen stören werden: weil der Wagen schon leer 3,1 Tonnen wiegt und die Führerschein-Regularien bei 3,5 Tonnen eine Grenze ziehen, beträgt die Zuladung magere 400 Kilo und an einen Anhänger ist gar nicht zu denken.

Und wo wir gerade beim «Laden» sind, gehen die 200 kW am Gleichstrom zwar in Ordnung. Aber 11 kW an der Wallbox sind in dieser Liga zu wenig. Für alle, die den G tatsächlich als Nutzfahrzeug sehen, ist es deshalb gut zu wissen, dass die Verbrenner mit dem Debüt des E-Modells nicht eingestellt werden. Im Gegenteil hat Mercedes die sogar noch mal aktualisiert, den Diesel und den AMG zu Mild-Hybriden aufgerüstet und den heiß geliebten aber ziemlich altbackenen V8 im G500 durch einen ebenfalls mit 48-Volt-Technik kombinierten Sechszylinder ersetzt.

Fazit: Der Evolution ein elektrisches Schnippchen geschlagen

Zu groß, zu schwer, zu durstig - trotzdem hält Mercedes dem SUV die Treue und hebt ihn mit hohem Aufwand über alle Hürden. Das gilt im Kleinen etwa für die Türgriffe, die noch immer auf den Türen prangen wie bei einem Oldtimer und tatsächlich erst jetzt auch Keyless-Go beherrschen und die aufgesetzten Blinker. Und im Großen für den Antrieb. Denn mit Batterien statt Benzintank schlagen die Schwaben der Evolution ein Schnippchen und stellen sicher, dass der Saurier so schnell nicht aussterben muss.

Datenblatt: Mercedes G580

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