Streit zwischen Bundesregierung und Nato-Partnern

Der Start des neuen Projekts «Nato Mission Ukraine» (NMU) zur Unterstützung der Ukraine soll im Idealfall beim nächsten Bündnisgipfel von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den anderen Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten in Washington beschlossen werden. Olivier Matthys/AP/dpa

Die Bundesregierung sorgt innerhalb der Nato für Unmut, weil sie ein neues Unterstützungsprojekt für die Ukraine nicht als Mission bezeichnet sehen will. Wie die Deutsche Presse-Agentur von Diplomaten erfuhr, werden Berliner Argumente gegen die Verwendung des Wortes von fast allen anderen Alliierten als unnötige Rücksichtnahme auf Russland und als nicht nachvollziehbar angesehen.

Die Bundesregierung vertritt demnach den Standpunkt, dass der Name «Nato Mission Ukraine» (NMU) irrtümlich so verstanden werden könne, als wenn das Bündnis Soldatinnen und Soldaten in die Ukraine schicken wolle. Sie befürchte deswegen, dass er von Russland für Propaganda gegen die Allianz genutzt werden könnte, heißt es.

Alleine auf den Barrikaden

Befürworter der Verwendung des Begriffes Mission argumentieren hingegen, dass der Kreml das Nato-Projekt so oder so als Aggression verurteilen und für Desinformationskampagnen nutzen werde. Es sei unverständlich, dass Deutschland als einziges Land deswegen auf die Barrikaden gehe - zumal es inhaltlich nach eigenen Angaben voll hinter dem Projekt stehe. Bei ihm geht es vor allem um die internationale Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat Berlin zuletzt vorgeschlagen, das neue Projekt für die Ukraine «PACT» zu nennen. Die Buchstaben würden dann für «Pledge Assistance Coordination and Training» stehen und damit zum Ausdruck bringen, dass die Nato künftig die militärische Hilfe und die Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte koordinieren will. Dass es eine Einigung auf diesen Namen gibt, gilt allerdings wegen der harten Position anderer Staaten als eher unwahrscheinlich. Eine Entscheidung kann nur einvernehmlich getroffen werden.

Das Auswärtige Amt wollte sich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht zu dem Streit äußern. Über Inhalte vertraulicher Verhandlungen könne keine Auskunft gegeben werden, sagte ein Sprecher.

Nato soll künftig Waffenhilfen koordinieren

Der Start des neuen Projekts zur Unterstützung der Ukraine soll im Idealfall beim nächsten Bündnisgipfel von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den anderen Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten in Washington beschlossen werden. Es gilt auch als Vorkehrung für das Szenario einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins US-Präsidentenamt ab Januar 2025. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen werden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.

Diese Aufgabe wird bislang von den Vereinigten Staaten übernommen. Sie hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte in Wiesbaden (Hessen) eine rund 300 Soldaten starke Einheit mit dem Namen Security Assistance Group-Ukraine (SAG-U) aufgebaut. In etwa die gleiche Personalstärke soll nun auch die Nato-Mission haben.

Teil eines großen Ukraine-Pakets für den Gipfel im Juli werden den Planungen von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zufolge auch neue Unterstützungszusagen sein. Der Norweger will Alliierten dazu bringen, dem von Russland angegriffenen Land Militärhilfen im Wert von jährlich mindestens 40 Milliarden Euro zu garantieren. Es gehe dabei auch darum, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu zeigen, dass er seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht gewinnen werde, hatte Stoltenberg in der vergangenen Woche bei einem Treffen mit den Außenministern der 32 Nato-Staaten in Prag erklärt. Der Betrag von 40 Milliarden Euro würde in etwa der bisherigen jährlichen Unterstützung der Alliierten seit dem Beginn der russischen Invasion entsprechen.

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