Edin Terzić verlässt den BVB: Eine Entscheidung, zwei Verlierer

Trainer Edin Terzić verlässt Borussia Dortmund.

Eine einseitige Liebe kann auf Dauer nicht funktionieren. Edin Terzić, der einst als Fan selbst in der Südtribüne stand, verlässt Borussia Dortmund, wie der Verein am Donnerstag bekannt gab.Der BVB ist nach eigenen Angaben der Bitte des Trainers nachgegangen, den Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Er hinterlässt ein unübersichtliches Organigramm, eine ungewisse Umbruchphase, eine ordentliche Portion Fußball-Romantik. Und Fehler, die sich seit 2015 stetig wiederholen.

Die harten Fakten: Dortmund hat sich in der vergangenen Saison lediglich auf den fünften Tabellenplatz der Bundesliga gehumpelt. Die Leistungen einer Handvoll herausragender Spiele in der Champions League, in der man das Finale erreichte, malten mit allzu dickem goldenen Anstrich über eine in der Summe außerordentlich wackelige Saison.

Zu selten zeigte der BVB, was in ihm steckt. Nur durch eine Sonderregelung konnte man sich erneut für die Champions League qualifizieren.

"Auch wenn es mir gerade brutal weh tut, möchte ich euch mitteilen, dass ich den BVB verlassen werde", sagte Terzić in einem Abschiedsvideo. Er habe dafür etliche Anläufe gebraucht. "Ich habe nach unserem Endspiel in Wembley um ein Gespräch gebeten, weil ich nach zehn Jahren beim BVB, davon fünf im Trainerteam und zweieinhalb als Cheftrainer, das Gefühl habe, dass der Neustart von einem neuen Mann an der Seitenlinie begleitet werden sollte."

Der 41-Jährige geht, wie er gekommen war, zwischenzeitlich gegangen ist, und dann abermals zurückkam: mit großen Emotionen an der Grenze zum Pathos und dem glaubwürdigen Auftreten, das Beste für den Verein zu wollen.

Borussia Dortmund: Schlingernd seit Klopp-Abgang 2015

Ende 2020 wurde Edin Terzić das erste Mal zum Dortmunder Cheftrainer befördert, interimsweise als Nachfolger von Lucien Favre. Im Sommer 2021 ist er dann durch Marco Rose ersetzt worden, Terzić ging auf eigenen Wunsch zurück in die zweite Reihe und wurde Technischer Direktor – nur um ein Jahr später zu seinem eigenen Nach-Nachfolger zu werden.

Erneut wurde deutlich, was sich seit dem Abgang von Jürgen Klopp 2015 durchzieht: Dem BVB fehlt es an Weitsicht, Visionen oder Geduld. Womöglich auch allen drei Punkten. Wie soll sich der Verein entwickeln? Mit Jugend- oder erfahrenen Spielern? Wie soll der Spagat zwischen internationaler Vermarktung und Verbindung zur Basis gelingen? Und was soll ein Trainer eigentlich mitbringen?

Einem vielversprechenden Trainer Rose wurde nicht die Zeit gegeben, dem Verein sein Konzept zu vermitteln. Und so griff man zurück nach der bequemen Option Terzić, die letztendlich auch als Fehlgriff bewertet werden muss.

In den zwei Jahren schaffte es Terzić nicht, dem Verein eine spielerische Idee zu vermitteln. Zu häufig agierte der BVB kopflos, hinzu kamen fragwürdige Coaching-Entscheidungen.

In der Saison 2022/23, als Borussia Dortmund haarscharf an der Meisterschaft vorbeigeschrammt war, ließ sich der Beinahe-Erfolg auch zu einem nicht unerheblichen Grund auf die eklatante Schwäche der Bayern zurückführen. Mit Bayer Leverkusen kam ein Jahr später eine Mannschaft, die das auszunutzen wusste.

BVB-Bosse Kehl und Watzke haben Fehler gemacht

Was bleibt, ist die Schuldfrage: Ist Edin Terzić tatsächlich einfach kein guter Trainer? Oder wurde ihm in seinem Anliegen die nötige Unterstützung untersagt? Während Leverkusen vergangenen Sommer einen Erfolgsgarant nach dem anderen verpflichtete, fehlte dem BVB die Zielgenauigkeit auf dem Transfermarkt. Das ist wiederum Sportdirektor Sebastian Kehl anzulasten – dem wiederum ein unterkühltes Verhältnis zu Terzić nachgesagt wurde.

Ohnehin ist das Machtkonstrukt bei Borussia Dortmund diffus und unübersichtlich, auch weil Fußballvereine allzu häufig wie fiktive Medienkonzerne aus HBO-Serien geführt werden.

Sebastian Kehl (links) und Hans-Joachim Watzke haben Spannungen beim BVB befördert.

Der Patriarch, Hans-Joachim Watzke, hat abgedankt, im Herbst 2025 scheidet er als Geschäftsführer aus. Sein Nachfolger ist Lars Ricken, der als Geschäftsführer Sport bereits jetzt die sportliche Gesamtverantwortung innehat. Im selben Atemzug wurde der frühere Chefscout Sven "Diamantenauge" Mislintat als Technischer Direktor geholt. In dem Machtvakuum, das Watzke hinterlässt, werden die Kompetenzen noch ausgehandelt.

Auch Mats Hummels drängte sich zuletzt in die Wirren der Machtverteilung, als er in einem Interview mit der "Sport Bild" seinen Trainer öffentlich angeprangert hatte. Darin berichtete er von seinen Klagen über die unzureichende Taktik im Saisonverlauf, bei der Autorisierung herausgefilterte Aussagen sollen noch drastischer gewesen sein. Sky berichtete später: Hummels bleibt nur, wenn Terzić geht.

Im Winter kamen Nuri Şahin und Sven Bender als Co-Trainer

Dass der Dortmund-Trainer überhaupt so lange im Amt geblieben ist, hat er dem Vernehmen nach größtenteils seinem Förderer und Fürsprecher Watzke zu verdanken. Nach einer enttäuschenden Hinrunde stand er schon Ende vergangenen Jahres zur Disposition, in einer turnusmäßigen Sitzung der Chefriege wurde ihm noch das Vertrauen ausgesprochen – unter Vorbehalt.

Terzić wurden die ehemaligen Dortmund-Spieler und Publikumslieblinge Nuri Şahin und Sven Bender als Co-Trainer beiseite gestellt.

Ihm zufolge sei das seine Idee gewesen, der allgemeine Eindruck war aber, dass insbesondere Şahin als Art "Schattentrainer" installiert werden sollte, um, erstens, Einfluss ausüben zu können, und, zweitens, bei einem nächsten Straucheln ins erste Glied vorzurücken. Laut übereinstimmenden Medienberichten soll Nuri Şahin Terzić nun tatsächlich beerben.

Zu dem Ausscheiden von Terzić gibt es verschiedene Lesarten. Die eine lautet: Er hat im internen Machtkampf den Kürzeren gezogen. Die andere: Er hat seine eigene Eitelkeit hinter den Bedürfnissen des Vereins gestellt. Vielleicht war es am Ende sogar beides. So oder so: Borussia Dortmund kommt in keinem Fall gut weg.