Abwehrspieler im Anflug: Was wollen die Bayern mit Ito?

By Dominik Hager

So ziemlich aus dem Nichts machte am Mittwochabend die Meldung die Runde, dass der FC Bayern unmittelbar vor einem Transfer von Hiroki Ito steht. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wird der Abwehrspieler den VfB verlassen und sich dem deutschen Rekordmeister anschließen. Ito wird schon am heutigen Donnerstag zum Medizincheck erwartet und soll einen Vertrag bis 2028 unterschreiben. Lediglich in Sachen Ablöse ist nicht klar, ob die Bayern den Preis der Ausstiegsklausel (30 Millionen Euro) bezahlen müssen oder entsprechend kicker-Angaben nur 23 Millionen Euro plus fünf Millionen Euro an möglichen Bonus-Zahlungen.

Der Transfer von Ito war auch deswegen so überraschend, weil eigentlich alles auf einen Transfer von Jonathan Tah hindeutete. Die Verpflichtung des Leverkusener Abwehrchefs soll jedoch keineswegs vom Tisch sein. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass die Bayern mit Ito und Tah gleich zwei neue Verteidiger verpflichten wollen.

Im Gegenzug ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der ein oder andere Innenverteidiger gehen soll. Hieß es zunächst, dass Dayot Upamecano erster Verkaufskandidat sei und anschließend, dass Matthijs de Ligt gehen soll, könnten nun beide auf der Abschiedsliste stehen. Ob dieser möglicher Bayern-Plan aber auch aufgehen kann, ist ungewiss. Keiner der beiden hat bislang erklärt, dass er sich einen Abschied vorstellen könne.

Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Abwehrspieler fluchtartig den Verein verlassen wollen, nur weil Hiroki Ito sich den Münchnern anschließt. Der Japaner war schließlich vor wenigen Jahren noch ein No-Name und hat sich erst in der abgelaufenen Saison mit dem starken VfB in den Fokus gespielt.

Darum möchte der FC Bayern die Dienste von Ito

Demnach könnte man zumindest die These aufstellen, dass die Bayern einen direkten Konkurrenten schwächen wollen. Dies würde auch zu den anderen aktuellen Gerüchten um Jonathan Tah und Chris Führich passen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es die erste Intention der Bayern ist, den Schwaben einen auszuwischen, nur weil sie den Münchnern zuletzt die Vize-Meisterschaft streitig gemacht haben.

Vielmehr dürften andere Charakteristiken von Ito ausschlaggebend gewesen sein. Der Japaner ist schließlich anders als Kim, Upamecano, de Ligt und Dier ein Linksfuß. Zudem besitzt er seine Stärken im Spielaufbau, was auf die anderen Bayern-Verteidiger nicht unbedingt zutrifft. Hinzu kommt die Flexibilität von Ito. Der 25-Jährige kommt äußerst gut in einer Dreierkette als linker Innenverteidiger zurecht.

Sollte Kompany auch die Dreierkette in sein taktisches Sortiment aufnehmen, kann es sich lohnen, einen Spielertypen wie Ito an Bord zu haben. In diesem Szenario müsste womöglich auch nur ein Verteidiger weichen. Als Linksverteidiger könnte er ebenfalls als Back-up für Alphonso Davies genutzt werden und eine defensivstarke Alternative bieten. Kompany soll gerne mit eingerückten Außenverteidigern spielen, was Ito auch entgegen kommen dürfte.

Was ebenfalls für Ito gesprochen haben dürfte, ist sein vermeintlich geringes Gehalt. Der Abwehr-Allrounder hat vor seinem Wechsel nach Stuttgart im Jahr 2021 ausschließlich in Japan gespielt. Demnach dürfte er in Sachen Gehalt deutlich günstiger sein als Kim, Upamecano und de Ligt. Es gehört zu den Zielen der Bayern, wieder eine gesündere Gehaltsstruktur zu installieren.

Ito vor Bayern-Transfer: Zweifel sind erlaubt

Trotz der vielen Argumente, die für Ito sprechen, gibt es berechtigte Gründe, am Neuzugang zu zweifeln. Die Bayern geben seit Jahren unzählige Millionen Euro für Abwehrspieler wie Lucas Hernández, Matthijs de Ligt, Dayot Upamecano und Min-jae Kim aus. Zur vollsten Zufriedenheit der Verantwortlichen konnten diese aber allesamt nicht performen.

Wie Albert Einstein schon anmerkte, ist die Definition von Wahnsinn, "immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten". Nach all den Jahren sollte eigentlich klar sein, dass die Gründe für die nicht immer stabile Defensive nicht zwingend bei den Abwehrspielern selbst auszumachen sind. Vielmehr ist es das Kollektiv, das seit Jahren nicht auf dem nötigen Niveau gegen den Ball agiert. Ein Transfer der Marke Joao Palhinha erscheint da sinnvoller, um das Problem an der Wurzel anzupacken.

Müssen Spieler wie Ito und Tah unter den Umständen der Vorjahre in München verteidigen, ist damit zu rechnen, dass ihr Zauber in Windeseile verfliegt. Beide haben schließlich in der abgelaufenen Saison enorm davon profitiert, in einem funktionierenden Kollektiv verteidigt zu haben. In einer Bayern-Abwehr aber ähnlich gut auszusehen, ist eine ganz andere Herausforderung.

Gerade Ito ist nicht zwingend das zuzutrauen, woran Spieler wie Kim und Upamecano gescheitert sind. Immerhin hat er noch kein einziges internationales Spiel bestritten und auch mit seinen eigenen Defiziten zu kämpfen. Zwar ist er spielintelligent und stark im Aufbauspiel, im Zweikampf aber bei Weitem nicht so resolut wie die Bayern-Verteidiger. In der abgelaufenen Saison hat Ito lediglich 46,6 Prozent seiner Zweikämpfe gewonnen. Zweikampfquoten spiegeln zwar nicht immer die Realität voll wieder, jedoch gilt es zu bedenken, dass eine derart niedrige Prozentzahl bei Innenverteidigern eine absolute Rarität ist.

Angesichts der Tatsache, dass die Bayern eine Transfer-Offensive angekündigt haben und das Champions-League-Finale 2025 in München stattfindet, darf man über Transfers der Marke Ito schon ein wenig verwundert sein. Die ganz großen Kaliber scheinen aktuell nicht auf dem Weg in die bayerische Landeshauptstadt zu sein.


Dieser Artikel wurde ursprünglich auf 90min.com/DE als Abwehrspieler im Anflug: Was wollen die Bayern mit Ito? veröffentlicht.