«Verlust für den Verein»: St. Pauli sucht den Hürzeler-Erben

Trainer Fabian Hürzeler wechselt in die Premier League nach Brighton. Christian Charisius/dpa

Fabian Hürzeler konnte den Frust der Fans verstehen. Nach dem feststehenden Wechsel des Trainers zum englischen Club Brighton & Hove Albion zeigten viele Anhänger des Bundesliga-Aufsteigers FC St. Pauli im Netz wenig Verständnis.

«Den Verein zu verlassen, war eine der schwierigsten Entscheidungen überhaupt. Ich verstehe, dass viele von euch enttäuscht sind und möchte euch versichern, dass ich diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen habe», teilte der 31-Jährige auf Instagram mit. Kurz zuvor war sein Transfer in die Premier League verkündet worden.

Auf seinem Instagram-Account hatte Hürzeler erst vor knapp zwei Wochen in Richtung des Hamburger Anhangs geschrieben: «Wir sehen uns zum Saisonauftakt.» St. Paulis Fußball-Fans wussten, dass ein Weggang des begehrten Trainers irgendwann kommen würde. Nun, knapp einen Monat nach dem Aufstieg, kam dieser früher als gedacht. «Uns war bewusst, dass er damit auch für andere Clubs interessant werden könnte», wurde Sportchef Andreas Bornemann zitiert. «Wir wären gerne weiter den Weg mit ihm gegangen, respektieren aber den Wunsch.»

Nachfolger-Suche: Zweitliga-Trainer im Gespräch

Die Hamburger teilten bei der Verkündung noch keine Entscheidung über die Nachbesetzung mit. Lediglich hieß es, dass die Gesamtsituation schnell geklärt werden solle. Mehreren Medien zufolge sind unter anderem die Zweitliga-Trainer Christian Eichner vom Karlsruher SC und Daniel Thioune von Fortuna Düsseldorf im Gespräch. Sicher ist: St. Pauli braucht dringend Klarheit auf der Position, um die Aufstiegssaison zu planen. Unklar ist auch, ob Co-Trainer Peter Nemeth und Torwart-Trainer Marco Knoop in Hamburg bleiben werden.

Hürzelers Werdegang ist selbst für die rasante Fußball-Welt kometenhaft. In anderthalb Jahren reifte er vom Trainer des damals abstiegsbedrohten Zweitligisten zum neuen Coach des englischen Erstliga-Teams um DFB-Nationalspieler Pascal Groß. Er ist nun jüngster Chefcoach der Premier-League-Geschichte. Nur Ryan Mason, 2021 Interimscoach bei Tottenham Hotspur, war mit 29 Jahren jünger. Demnächst misst er sich in England mit den größten Mannschaften der Welt. «Mit dem Wechsel in die Premier League geht für mich ein Traum in Erfüllung», sagte Hürzeler. In Brighton unterzeichnete er einen Vertrag bis 2027, beerbt dort sein Vorbild Roberto De Zerbi.

Göttlich: Wechsel «Beleg für die gute Arbeit»

Für die Hanseaten geht der Wechsel mit bittersüßen Gefühlen einher. Einerseits kassieren die Hamburger dem Vernehmen nach einen hohen Millionenbetrag - offiziell einigten sich beide Clubs auf Stillschweigen. So viel Geld hatte der Club zuvor noch nie bei einem Transfer erhalten.

Auf der anderen Seite steht der Verlust des Trainers, der die Fans bei der Aufstiegsparty am Spielbudenplatz auf die kommende Saison einschwor. «Der Abgang von Fabian ist ein Verlust für den Verein», sagte Präsident Oke Göttlich. Dennoch zeigte er sich positiv gestimmt: «Das Interesse von internationalen Clubs an unseren Spielern und Trainern ist ein Beleg für die gute Arbeit, die in den vergangenen Jahren durch Andreas Bornemann in der sportlichen Leitung angestoßen worden ist.»

Vor Hürzelers Arbeitsbeginn war die Situation an der Kollaustraße alles andere als gut. Unter dem damaligen Trainer Timo Schultz stand der Club im Dezember 2022 auf dem 15. Tabellenplatz. Sportchef Bornemann reagierte und tauschte Schultz gegen dessen unerfahrenen Assistenten Hürzeler aus. Der Wechsel auf der Trainerbank sorgte für Skepsis. Aber das Trainer-Talent ließ seine Kritiker verstummen: Er stabilisierte das Team und ließ sehenswerten Kombinationsfußball spielen. Hürzeler führte den Verein mit zehn Siegen in Serie nach oben. In der Folgesaison realisierte er dann den großen Traum und kehrte mit dem Zweitliga-Meister nach 13 Jahren Abstinenz in die Bundesliga zurück.

St. Paulis Präsident Oke Göttlich (l) sieht im Abgang von Trainer Fabian Hürzeler auch einen Beleg für gute Arbeit im Club. Marcus Brandt/dpa

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