Donald Trump stolpert im Wahlkampf – doch liegt trotzdem vor Joe Biden

Trump im Wahlkampf

Wie bizarr wird es noch?

Donald Trump: Der 78-Jährige stolpert durch den Wahlkampf – doch sein Sieg wird wahrscheinlicher. (Quelle: Evan Vucci/AP/dpa/dpa-bilder)

Donald Trump: Der 78-Jährige stolpert durch den Wahlkampf – doch sein Sieg wird wahrscheinlicher. (Quelle: Evan Vucci/AP/dpa/dpa-bilder)

Trump leistet sich im Wahlkampf einen Ausrutscher nach dem nächsten. Doch weil er in Umfragen trotzdem vor Joe Biden liegt, wächst bei vielen Demokraten die Angst vor seinem Wahlsieg.

Das hatten sie sich wohl etwas anders vorgestellt. Ungefähr 100 Geschäftsführer der größten amerikanischen Unternehmen begegneten am Donnerstag Donald Trump bei einem privaten Treffen. Mehrere Anwesende seien hinterher "entmutigt" und "frustriert" gewesen, berichtet der Journalist Andrew Sorkin im amerikanischen Fernsehen.

Der 78-Jährige sei "völlig durcheinander" gewesen und hätte "keinen klaren Gedanken fassen können". Er sei oft von einem Thema zum nächsten gesprungen und hätte keine klare Linie verfolgen können. Schließlich habe er sein Wahlkampfversprechen, die Unternehmenssteuer von 21 auf 20 Prozent zu senken, skurrilerweise damit begründet, dass es sich dann endlich um "eine runde Zahl" handle. Anstatt sich über das an sie gerichtete Wahlgeschenk zu freuen, sorgte diese Begründung bei den Firmenbossen wohl für Kopfschütteln.

Zwei Rentner im Zweikampf

Die Wahl ist zwar noch einige Monate hin, doch die USA befinden sich jetzt schon mitten im Wahlkampf. Höchstwahrscheinlich werden die Wählerinnen und Wähler am 5. November vor der gleichen Entscheidung stehen wie schon 2020 – nur die Funktionen sind vertauscht: Amtsinhaber Joe Biden (81) tritt gegen den Herausforderer Donald Trump (78) an.

Das am meisten diskutierte Thema ist bislang das Alter der beiden Kandidaten. So sezieren Republikaner jeden öffentlichen Auftritt Bidens und verbreiten Videos, auf denen er wie ein fragiler Greis erscheint, der zunehmend erstarrt. Diese sind zwar häufig verkürzt und verfälschen die Realität, doch dass sich Biden im Alter verändert hat, ist offensichtlich.

Bidens geistige Fitness überzeugt nicht

Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, dass sich Bidens Ausrutscher hinter verschlossenen Türen häufen würden, schreibt das konservative "Wall Street Journal". Demnach hätten Kongressabgeordnete, die mit Biden über Ukraine-Hilfen verhandelt hatten, der Zeitung berichtet, dass der Präsident manchmal so leise spreche, dass ihn niemand mehr verstehe. Außerdem mache er immer längere Sprechpausen und schließe seine Augen für eine längere Zeit, sodass sich Anwesende gefragt hätten, ob er noch ganz da sei. Das Weiße Haus hat diese Berichte als Parteipolitik abgetan und stellte klar, dass Biden scharfsinnig sei.

Doch die Meinung, dass Biden zu alt sei, hat sich längst verfestigt. 81 Prozent der Wähler haben deshalb ernsthafte Vorbehalte gegen den Amtsinhaber, hat eine Umfrage des Fernsehsenders ABC ergeben. Laut einer Umfrage des Pew Research Center halten ihn mehr als 6 von 10 Wählern für geistig nicht mehr fit für den Job. Der drei Jahre jüngere Trump schneidet in Umfragen bei Kriterien wie "geistige Fitness" oder "geistige Gesundheit" durchgängig besser ab als Biden.

Trumps Aussetzer häufen sich

Der Herausforderer hat jedoch eine andere Schwäche: Mehr als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler haben in mehreren Umfragen Vorbehalte gegen Trumps Stabilität und Urteilsvermögen geäußert. Leistete er sich schon in seiner ersten Amtszeit einige bizarre Auftritte, scheinen sich solche Momente im höheren Alter zu häufen.

So verwechselt Trump immer häufiger Namen, Orte und Ereignisse. Erst kürzlich forderte er Biden auf, einen kognitiven Test abzulegen, um seine geistige Stärke zu beweisen. Dafür empfahl er den ehemaligen Arzt im Weißen Haus "Doc Ronny Johnson", der jedoch in Wirklichkeit Ronny Jackson heißt. Doch auch wenn Trump keine Erinnerungslücken hat, sind seine Reden zunehmend unverständlich.

Von Haien und Drogen

So verlor sich Trump zuletzt bei einer Wahlkampfveranstaltung in einem Thema, das ihm schon viele Jahre umtreibt: Haie. In einem nur schwer nachvollziehbaren Gedankengang stellte er der Menge die seiner Ansicht nach "sehr gute Frage", ob Elektroschocks oder Haie schlimmer wären. Seine Antwort: Lieber würde er durch einen Elektroschock sterben, als Haien zu nah zu kommen. Die Pornodarstellerin und mutmaßliche Ex-Affäre Trumps, Stormy Daniels, berichtete schon 2011 in einem Interview über seine Hai-Obsession.

Vor der anstehenden TV-Debatte mit dem Amtsinhaber am 27. Juni hat Trump behauptet, dass Joe Biden mit Drogen vollgepumpt werden müsste, um das Duell durchzustehen. Dabei ist Trumps körperliche Gesundheit vielen Anzeichen nach deutlich schlechter als die Bidens. Außerdem kündigte Trump an, die Debatte absichtlich verlieren zu wollen. Dann würden die Demokraten Biden nicht früher aus dem Rennen nehmen und er könnte den vermeintlich schwachen Gegner im November einfach schlagen, begründet Trump verquer.

Rache an den Gegnern

In einem Interview mit dem amerikanischen Moderator Dr. Phil ließ sich Trump zum wiederholten Male zu Aussagen hinreißen, die teuer werden könnten. So behauptete Trump, er kenne die Autorin E. Jean Carroll nicht und müsse ihr dennoch 91 Millionen Dollar zahlen. Dabei hatte Carroll Trump vorgeworfen, sie vergewaltigt zu haben. Trump hatte sie daraufhin der Lüge bezichtigt, doch ein Gericht gab Carroll recht und verurteilte Trump wegen Verleumdung zu der Zahlung. Bei Wiederholung seiner falschen Aussagen könnte Carroll erneut gerichtlich gegen ihn vorgehen.

Doch trotz aller Fehltritte im Wahlkampf liegt Trump laut aktuellen Umfragen in den entscheidenden Staaten vor Biden. Und auch wenn viele Demokraten sich noch zuversichtlich zeigen, dass Joe Biden eine zweite Amtszeit gewinnen kann, wächst die Angst vor einem wiedergewählten Trump. Der sagte Dr. Phil, dass er gerechte Rache an seinen Gegner üben werde – und plant ganz offen radikale Veränderungen hin zu einem autoritären Staat.

Widerstand der Trump-Gegner

So ist Trumps Rhetorik bei seinen Auftritten immer hasserfüllter und gewalttätiger geworden. Demnach will er das Justizministerium gegen seine Gegner einsetzen, Militär in demokratische Städte entsenden, um mögliche Proteste niederzuschlagen und Massendeportationen durchführen. Außerdem will er riesige Lager bauen, um Einwanderer zu inhaftieren, Beamte entlassen, um sie durch eigene Anhänger zu ersetzen und seine Exekutivgewalt massiv ausweiten. Unter anderem könnte er sich nach der Verurteilung in einem Strafprozess wegen Schweigegeldzahlungen selbst begnadigen.

Deswegen hat sich eine breite Koalition an staatlichen Funktionären und nichtstaatlichen Organisationen zusammengetan, um den Widerstand gegen einen möglichen Präsidenten Trump vorzubereiten, berichtet die "New York Times". Trumps Rückkehr an die Macht würde für sie eine ernsthafte Bedrohung der amerikanischen Demokratie bedeuten.

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