Reise durch Afrika: Influencer erzählen vom Leben im Van und der Rückkehr nach Berlin

Zoë und Merlin sind mit ihrem Camper-Van von Nord- nach Südafrika gefahren.

Von Beruf sind Zoë und Merlin Filmemacher:innen. Vor mehr als drei Jahren entschieden sie sich dann aber für ein gemeinsames Abenteuer: eine große Reise durch Afrika. Und damit wurden sie dann auch zu Reise-Influencer:innen. 50.000 Follower:innen haben sie auf Instagram und Youtube.

Die Hauptrolle neben ihnen selbst spielte dabei ihr Van, in dem sie knapp 18 Monate lebten. Mit dem selbst ausgebauten T4-Bus durchquerten sie den afrikanischen Kontinent einmal von Nord nach Süd.

Wie so viele junge Pärchen filmten die beiden Tag für Tag ihr Leben unter dem Hashtag "Vanlife", nun sind sie wieder zurück in ihrer Altbauwohnung in Berlin-Mitte. Mit watson sprechen sie über die Zeit in Afrika und warum ihre Rückkehr teilweise härter war als sie dachten.

Watson: Woher kam die Idee, Travel-Influencer:innen zu werden?

Zoë: Wir wollten eine Plattform haben, auf der wir unsere Videos und Bilder als Filmemacher:innen teilen können. Es hat sich dann einfach so ergeben, dass wir unsere Van-Ausbauprojekte und die Reisen auch auf Youtube und Instagram geteilt haben. Wir haben aber nicht mit dem Gedanken angefangen, dass wir damit Geld verdienen könnten.

Wie oft habt ihr Inhalte gepostet?

Merlin: Es war oft ein No-Brainer, dass wir zu jedem neuen Ort einen Post machen. Deswegen waren die Leute ja auf unserem Profil. Der einzig private Raum auf unserer Reise war der Bus, deshalb hat sich alles andere auch nicht wie ein Eingriff in die Privatsphäre angefühlt.

Zoë: Trotzdem hatten wir auf der Reise schon Druck, viel zu unternehmen. Aber wenn du anderthalb Jahre lang auf Reisen bist, hast du nicht jeden Tag die Energie, was zu machen. Oft hatten wir das Gefühl, wir können nicht einfach rumsitzen, sondern müssten rausgehen und etwas filmen.

Seit etwa drei Monaten wohnt ihr in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin. Wie hat sich euer Leben verändert?

Zoë: Jetzt haben wir ein 08/15-Leben, wie die meisten Leute auch. Da stellt sich schnell die Frage: "Wen interessiert das eigentlich, wenn ich hier jeden Morgen meinen Kaffee trinke?" Das ist für uns eine Findungsphase. Man muss jeden Tag neu mit sich ausmachen, was man teilt. Natürlich ist das auch davon abhängig, wie man an gewisse Verträge mit Unternehmen gebunden ist. Wenn es wirklich nur um unsere privaten Sachen geht, sind wir auch mal so frei zu sagen: "Heute gehe ich auf den Geburtstag meiner Oma, das möchte ich nicht teilen".

Habt ihr Existenzängste?

Zoë: Als wir in den letzten drei Monaten des Trips in Kapstadt waren, haben wir auf Instagram angekündigt, dass wir die Reise beenden werden. Viele Leute haben uns daraufhin deabonniert. Das kann ich verstehen, weil viele Follower:innen die Reise sehen wollten und nicht, wie wir als Paar nach Berlin ziehen. Andererseits ist es schon entmutigend, wenn du diesen Abwärtstrend siehst und nicht wirklich etwas dagegen machen kannst.

Ihr habt auch schon mehrfach geteilt, dass Leute euch Hasskommentare etwa zu eurem Beziehungsleben schicken. Wie geht ihr damit um?

Merlin: Natürlich gibt es immer mal einen dummen oder übergriffigen Kommentar auf Instagram und Youtube. Das hat auch viel damit zu tun, wie die Videos ausgespielt werden: Die meisten blöden Kommentare kommen, wenn ein Video gut läuft. Wenn das beleidigend ist, löschen wir auch Sachen. Wenn Leute Kritik anbringen, versuchen wir, darauf einzugehen.

Zoë und Merlin sind beruflich beide in der Filmindustrie groß geworden.

Bleiben wir beim Thema Kritik: Einige Menschen sagen, sie würden niemals in Länder reisen, deren Politik sie nicht unterstützen. Wie steht ihr dazu?

Merlin: Wenn wir das als Maßstab genommen hätten, hätten wir unsere Reise nicht machen können. In vielen Ländern gab es auf politischer Ebene ein Korruptionsproblem. Man muss aber auch differenzieren, in welcher Art man in den Ländern unterwegs ist. Es ist ja die Frage, ob ich fürs Business nach Nigeria gehe, wo es Korruption gibt und ich aktiv mitspiele. Oder ob ich da hingehe, um das Land zu besuchen und mit der Bevölkerung zu interagieren. Natürlich bringe ich auf Umwegen Geld ins System. Aber viele Menschen in diesen Staaten haben sich das auch nicht ausgesucht. Deshalb ist es schön, mit ihnen zu interagieren, selbst wenn man das politische System nicht supportet.

Warum habt ihr euch für eine Reise über den gesamten afrikanischen Kontinent entschieden?

Zoë: Wir waren beide schon in verschiedenen Ländern Afrikas und waren fasziniert von dem Kontinent. Unsere erste Reise mit dem Van durch Europa hat uns gezeigt, wie weit man mit dem eigenen Auto kommt. Die Strecke nach Südafrika ist komplett mit dem Auto machbar, bis auf die kurze Fähre von Spanien nach Marokko. Mit der Reise konnten wir uns ein eigenes Bild von den Ländern machen und dabei richtig eintauchen. Weil wir nicht nur kurz in jedes Land geflogen sind, sondern mittendrin waren.

Was ist der größte Unterschied zu Europa, der euch in Afrika aufgefallen ist?

Merlin: Man musste sich darauf einstellen, dass in Europa persönliche Distanzen ganz anders gelebt werden. In Westafrika war es wirklich ein Ding, dass Leute uns auch in Konversationen ungewohnt nahegekommen sind. Wenn wir im Auto waren und Leute vorbeigelaufen sind, standen sie plötzlich direkt in unserer Tür. Das hat aber dazu geführt, dass wir offen aufgenommen wurden. Dadurch hat man selbst nicht mehr diese Distanz und weicht seine persönlichen Grenzen auf.

Vanlife bedeutet für viele Abenteuer pur.

Habt ihr auch Vorurteile ablegen können?

Merlin: Wir konnten vor allem die Skepsis loswerden, die man gegenüber Fremden anerzogen bekommt. Dass Leute, die auf dich zukommen, nichts Gutes wollen. Ich bin sehr froh, dass wir uns da öffnen konnten. Aber auch gewisse Stereotype, die man so im Kopf hat zu westafrikanischen Ländern.

Meldung

Viele Tourist:innen machen sich bei Afrika-Reisen Sorgen wegen der Sicherheit. Habt ihr schlechte Erfahrungen gemacht?

Merlin: Wir haben eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht. Gerade in Kapstadt gab es aber eine andere Dynamik, da haben wir schon mehr aufgepasst. Aber in anderen Ländern waren wir oft gar nicht auf dem Schirm der Leute. Da war niemand, der damit gerechnet hat, dass ein Auto vorbeikommt, wo es was zu holen gibt.

Zoë: Wir hatten nie Sicherheitsbedenken. Das war schön, weil vorher alle Leute in unserem Umfeld gesagt haben: "Das ist viel zu gefährlich, wollt ihr das wirklich machen?" Wir haben auf dieser Reise gelernt, nicht zu sehr auf Vorurteile zu hören. Wenn wir darauf gehört hätten, wären wir wahrscheinlich nie losgefahren. Es gibt immer Leute, die sagen, das geht nicht. Aber in unserem Leben ist ganz schön viel möglich.

Aktuell planen Zoë und Merlin schon ihren nächsten Trip, wahrscheinlich soll es Richtung Osteuropa gehen, möglicherweise auch bis nach Kasachstan. Dafür sind sie gerade dabei, ihren T4-Bus zu reparieren und ihn bereit für die nächsten Tausende von Kilometern zu machen.