Ukraine-Krieg: Queere Soldatin erhält Online-Hass nach Coming-out

Die ukrainische Soldatin Mariya Volya berichtet von ihrem unschönen Coming-out. (Symbolbild)

Sie kämpfen an der Front für die Freiheit der Ukraine. Dabei erfahren sie in ihrem eigenen Land noch immer Diskriminierungen: Die LGBTQ+-Soldat:innen. Laut der Rainbow-Map 2024 liegt die Ukraine auf der Skala 0 bis 100 Prozent bei circa 19.

Zum Vergleich: Die konservativen Staaten Serbien und Ungarn kommen auf über mehr als 30 Prozent, Deutschland liegt mit etwa 66 Prozent im grünen Bereich. Es ist also noch Luft nach oben, wenn es um LGBTQ+-Rechte in der Ukraine geht. Das bekommen auch die Betroffenen zu spüren.

So bringt etwa der Tod von queeren Soldat:innen diese Ungleichheit an die Oberfläche. Denn: Sie haben nicht die gleichen Rechte wie heterosexuelle Kamerad:innen.

Ukraine-Krieg: Queere Soldaten haben nicht die gleichen Rechte

In der Ukraine ist die Homo-Ehe noch immer illegal. Wenn also diese Soldat:innen getötet werden, haben ihre Partner weder das Recht zu entscheiden, was mit den Körpern geschieht, noch haben sie Anspruch auf staatliche Unterstützung, schreibt der britische Sender BBC.

"All dieses Sterben, all dieses Blut, das ist dasselbe, egal ob man heterosexuell oder homosexuell ist", sagt der 30-jährige Kostümbildner Rodion gegenüber BBC. Sein Ex-Freund Roman sei in den ersten Monaten der Invasion gestorben – nur einen Tag vor seinem 22. Geburtstag.

Dabei hat sich schon einiges in den vergangenen Jahren in der Ukraine getan, wenn es um LGBTQ+-Rechte geht. Schließlich will das Land Teil der Europäischen Union werden und hat laut BBC europäische Werte übernommen. Dennoch vertreten noch viele Menschen eher konservative und sogar homophobe Ansichten, heißt es.

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So ist es nicht verwunderlich, dass LGBTQ+-Soldat:innen berichten, dass sie in ihren Einheiten schikaniert und belästigt werden.

Queere Soldatin berichtet von Homophobie im Ukraine-Militär

BBC spricht etwa mit der ukrainischen Soldatin Mariya Volya. Seit 2015 diente sie in der ukrainischen Armee; 2022 verteidigte sie ihre Heimatstadt Mariupol – die jetzt unter russischer Besatzung steht. Dabei sei die Ukrainerin fast ums Leben gekommen. Diese krasse Erfahrung habe ihr die Angst genommen, sich zu outen.

Über die Plattform Tiktok outete sie sich schließlich als queere Soldatin. Doch ihr Kommandeur sei von diesem Post nicht begeistert gewesen: Er forderte Mariya auf, ihn zu löschen. Daraufhin habe sie eine Flut von Online-Hass von Anti-LGBTQ+-Aktivist:innen erhalten.

Es sei so schlimm gewesen, dass Mariya ihre Einheit wechseln musste und jetzt in der Region Donezk arbeitet, nahe der Ostfront.

Laut BBC muss sich die Soldatin bis heute diskriminierende Sprüche anhören. "Warum kannst du nicht deine eigene Einheit gründen?", fragen einige ihrer Kamerad:innen. Sie werde auch weiterhin auf Social Media und auf der Straße belästigt.

Zwei queere Soldaten sprechen mit der Presse beim "Equality March" in Kiew.

Zudem mache es Mariya zu schaffen, das ihre Partnerin nicht ausreichend versorgt und geschützt ist, sollte ihr etwas Ernstes zustoßen. Doch eine Legalisierung der Homo-Ehe liegt laut BBC derzeit in weiter Ferner. Denn dazu müsste die Verfassung geändert werden, was nicht möglich ist, solange die Ukraine unter Kriegsrecht steht.

BBC hat auch das ukrainische Militär wegen der Behandlung von queeren Soldat:innen angefragt, aber keine Antwort erhalten. LGBTQ+-Soldat:innen und -Aktivist:innen finden sich nun mit der Möglichkeit ab, dass der Krieg nicht unbedingt eine Chance für Veränderungen bietet, auf die sie gehofft hatten.