US-Debatte: Demokraten sprechen von einem Desaster

Reaktionen zur US-Debatte

"Das ist ein Desaster"

US-Präsident Joe Biden verlässt die Bühne im CNN-Studio. (Quelle: Gerald Herbert)

US-Präsident Joe Biden verlässt die Bühne im CNN-Studio. (Quelle: Gerald Herbert)

Die Debatte der beiden US-Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und Donald Trump sorgte für teils heftige Reaktionen. In den sozialen Netzwerken gab es deutliche Worte.

Die erste Debatte der beiden US-Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf 2024 rief gemischte Reaktionen hervor. In den sozialen Netzwerken gab es vor allem Kritik und Bedenken zu Bidens Auftritt. "Biden sieht nicht gut aus und redet undeutlich. Er spricht auch viel zu schnell", schrieb ein Nutzer auf Twitter. Biden räusperte sich oder hustete mehrmals. Das könnte aber an einer bekannten Erkrankung liegen.

Biden leidet unter "gelegentlichen Symptomen von gastroösophagealem Reflux, vor allem muss er sich öfter räuspern", sagte Dr. Kevin O'Connor, der Arzt des Präsidenten, in einem Memo nach seiner Untersuchung im Februar. Aus dem Weißen Haus hieß es, er habe in den vergangenen Tagen eine Erkältung gehabt.

"Kaiser ohne Kleider"

Aus Kreisen der Demokraten waren nach Informationen der "New York Times" Bedenken zu hören, was einen Wahlsieg im November angeht. "Das ist ein Desaster", hätten Beobachter aus dem Bidenumkreis gesagt, berichtet Patrick Healy für die Zeitung. Einer der Demokraten sagte dem Bericht zufolge, Biden sehe verängstigt aus. Ein anderer sagte, es sei bisher ein "Kaiser ohne Kleider"-Auftritt gewesen. Der Dritte sagte über den Auftritt insgesamt: "Frag nicht". Bei CNN sagten die Politik-Analysten, dass aus dem Demokraten-Lager "Panik" zu hören sei.

Unmittelbar nach der Debatte sagte der Co-Vorsitzende der Biden-Kampagne, Mitch Landrieu, den NBC-Nachrichtensprechern Lester Holt und Savannah Guthrie: "Nun, ich denke, es war eine Auseinandersetzung mit offenem Visier", bevor er hinzufügte: "Sie haben recht. Der Präsident fing langsam an, aber dann kam er zurück. Landrieu ging dann dazu über, Trump sofort anzugreifen, indem er sagte: "Als Donald Trump gesprochen hat, hat er gelogen", und warf Trump vor, er sei "nicht an die Wahrheit gebunden".

US-Politkommentatoren haben sich in ersten Einschätzungen zur Debatten-Leistung von Präsident Joe Biden entsetzt geäußert. Beim Sender CNN warfen mehrere Experten dem 81-Jährigen unklare Aussagen und verwirrtes Verhalten vor. "Es wird Diskussionen darüber geben, ob er weitermachen wird", sagte David Axelrod, Chefstratege von Barack Obamas Präsidentschaftskampagnen kurz nach dem Ende von Bidens Debatte mit Herausforderer Donald Trump in Atlanta am Donnerstag (Ortszeit).

Ökonom sieht Chancen für Trump ansteigen

Bedenken über Bidens Performance kamen auch aus der Wirtschaft. Karl Schamotta, Chefstratege der Techfirma Corpay, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Biden legt eine katastrophale Leistung hin, was die Chancen auf einen Sieg von Trump stark ansteigen lässt. Dies führt zu einem Absturz der handelssensiblen Währungen – der mexikanische Peso, der kanadische Dollar und sogar der Euro fallen zum Dollar, und die chinesischen Aktienmärkte fallen stark, da sich die Anleger gegen eine isolationistischere Entwicklung in den USA nach der Wahl im November absichern."

Der US-Präsident wirkte im ersten Teil der Debatte bisweilen abwesend. Eine der Regeln war, dass die Mikrofone nur angeschaltet sind, wenn einer der beiden Kandidaten spricht. In einigen Momenten, in den Trump sprach, schaute Biden nicht zu ihm oder in die Kamera, sondern zur Seite. "Wo schaut Biden hin nach links, als ob sonst nicht da ist?", wunderte sich ein Zuschauer, dass er nicht Richtung Trump blickte.

Als Joe Biden Trump verbal schärfer angriff ("Du bist der Trottel, du bist der Verlierer"), kam dies auch nicht gut an. "Hey Biden, keine Schimpfwörter, das sieht nach Schwäche aus", schrieb eine Nutzerin.

2018 hatte ein Medienbericht für Aufsehen gesorgt, dass der damalige Präsident Trump anlässlich eines geplanten Besuchs eines amerikanischen Soldatenfriedhofs in Frankreich gesagt haben soll: "Warum sollte ich auf diesen Friedhof gehen? Er ist voller Verlierer." Später habe er die mehr als 1.800 US-Marinesoldaten, die ihr Leben in der Schlacht im Wald von Bellau im Ersten Weltkrieg verloren hatten, als "Trottel" bezeichnet.

Bidens Ehefrau Jill hingegen schrieb auf X noch während der Live-Sendung, dass sie stolz auf ihren Ehemann sei. "Er ist der Präsident, den wir brauchen, er ist der Präsident, den ihr verdient habt", sagte sie.

Republikaner Johnson lobt Trump

Aber auch die Inhalte spielten eine Rolle. Aus Reihen demokratischer Anhänger hieß es: "Trump ignoriert die Klimafrage ganz offensichtlich völlig. Man sieht, wer die öffentlichen Parks, saubere Energie, Gesundheit und Sicherheit in unserem Land ernst nimmt", schrieb das Southern Democratic Network auf X.

Aus dem Trump-Lager kam Lob für den Kandidaten. "Eine objektive Wahrheit, die nicht geleugnet werden kann: Nur einer der Männer, die heute Abend auf der Bühne stehen, ist qualifiziert und in der Lage, im Jahr 2024 zum Präsidenten gewählt zu werden. Dies ist das größte Missverhältnis in der Geschichte der Präsidentschaftsdebatten", schrieb der republikanische Sprecher im Repräsentantenhaus, Mike Johnson auf X.

Trumps Co-Kampagnenmanager Susie Wiles und Chris LaCivita erklärten laut CNN schon den Sieg, bevor der ehemalige Präsident Donald Trump und Präsident Joe Biden ihre Schlussplädoyers bei der CNN-Präsidentschaftsdebatte gehalten hatten. Präsident Joe Biden habe "genau gezeigt, warum er es verdient, gefeuert zu werden", wurde die beiden zitiert.

Kritik an Moderatoren

Die Rolle der Moderatoren war ebenfalls umstritten. Jake Tapper und Dana Bash hatten die Statements der beiden Kandidaten jeweils so stehen lassen, ohne die Fakten zu überprüfen oder zu widersprechen. "Der Mangel an Herausforderungen durch die Moderatoren hat den Effekt, dass es so aussieht, als ob die Lügen, die aus Trumps Mund fließen, die gleichen sind wie die Fakten, mit denen Biden handelt", schrieb der Politik-Kommentator David Rothkopf auf X. "Jake Tapper und Dana Bash machen den schlechtesten Job in der Geschichte von Debatten", hieß es ebenfalls.

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom warnte vor der Debatte in einem Gespräch mit Journalisten vor Trumps Außenpolitik, vor allem was das Verhältnis mit Europa anginge. "Er wird die Europäer in einer Nanosekunde verkaufen", sagte er, "das sagt er offen."

Aus dem Umfeld von Trump-Wählern war in den vergangenen Tagen der – unbelegte – Vorwurf gekommen, dass Joe Biden Medikamente vor der Debatte genommen habe. Damit soll er für das Aufeinandertreffen mit Trump fit gemacht worden sein.

Kurz vor dem Eintreffen im CNN-Studio meldete sich Biden auf X zu Wort und machte sich über die Behauptungen lustig. "Ich weiß nicht, was sie in diesen leistungssteigernden Mitteln haben, aber ich fühle mich ziemlich aufgeputscht. Probiert es selbst aus, Leute", schrieb Biden auf X. Er zeigte sich mit einer Getränkedose, auf der "Biden. Get Real Jack. It's just water" stand – auf Deutsch: "Sei realistisch, Jack. Es ist nur Wasser" stand. Jack wird in Amerika oft als Platzhalter für Namen verwendet. "

Spendenrekord für Biden

Finanziell hat sich die Debatte für Joe Biden offenbar schon gelohnt. Bereits vor Beginn der Ausstrahlung meldete sein Wahlteam Rekordeingänge an Spenden. Zwischen 18 und 19 Uhr Ortszeit seien mehr Spenden als an anderen Tagen eingegangen, so ein Sprecher der Kampagne zu NBC, ohne Zahlen zu nennen.

Vizepräsidentin Kamala Harris hatte in einer E-Mail um Unterstützung gebeten. "Präsident Biden wird in wenigen Stunden gegen Donald Trump antreten. Wir zählen auf Sie, dass Sie einschalten und, wenn Sie dazu in der Lage sind, einen Beitrag zu dieser Kampagne leisten".

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