Fliegen ohne Spaß: Was hinter dem Reisetrend "Raw-Dogging" steckt

Beim "Raw-Dogging" verzichten Flugpassagiere auf (fast) alles, was auch nur entfernt unterhalten könnte.

Keine Musik, keine Filme, kein Spaß: In den sozialen Medien, vor allem auf Tiktok, trendet passend zur Urlaubssaison eine neue Verzichtschallenge – das "Raw-Dogging". Auch wenn es danach klingt, hat "Raw-Dogging" nichts mit Sex ohne Kondom zu tun. Vielmehr geht es darum, eine Flugreise oder eine Bahnfahrt ohne nennenswerte Ablenkung zu überstehen, sprich sie so langweilig wie möglich zu gestalten. Eine Idee, deren geistiger Vater eine britische Serie sein soll.

In "Hijack" konzentriert sich der von Idris Elba gespielte Sam Nelson während einer Flugzeugentführung sieben Stunden ganz auf das Jetzt. Tiktok-Nutzer:innen tun es ihm gleich, verzichten quasi auf alles, was so eine lange Reise irgendwie erträglich macht nur eben ohne Entführer im Nacken. Für manche bedeutet das keine Unterhaltungsmedien, für andere geht es darüber hinaus.

Mehr mentale Stärke dank Tiktok-Reisetrend "Raw-Dogging"?

Sie verzichten neben Filmen und Musik zusätzlich auf Essen und Trinken. Stundenlang. Nicht zwangsläufig gefährlich, aber hochgradig anstrengend, nicht nur für den Körper. Schließlich können bei ausreichend Pech schnarchende Sitznachbarn, Streithähne und kreischende Kinder die Geduldsfäden unter normalen Reise-Bedingungen maximal reizen und auch Hunger gilt nicht gerade als Glückskatalysator. Bleibt die Frage, warum "Raw-Dogging" gerade bei so vielen beliebt ist.

Laut "New York Post" ist das Ziel von "Raw-Dogging", sich selbst an die Grenzen zu treiben, körperlich wie geistig. "Push it to the Limit" in 30.000 Metern Höhe. Ein Tiktok-Nutzer schreibt etwa, dass er bei einem siebenstündigem Flug "gerawdogged" habe. "Keine Kopfhörer, kein Film, kein Wasser, gar nichts. Unglaublich. Die Stärke meines Geistes kennt keine Grenzen."

Der australische Musiker Torren Foot ging mit einem Clip viral, in dem er behauptete, er habe während eines 15-Stunden-Flugs nach Los Angeles nur den Flugtracker angestarrt.

Das Phänomen erinnert ans Dopaminfasten. Auch dabei geht es um einen zeitweiligen Reizentzug, also kein Handy, kein Fernseher, keine sozialen Kontakte, nur eben nicht im Flugzeug. Der Gedanke dahinter: Für einen kurzen Zeitraum auf Glückshormone (Dopamin) verzichten, damit sich das durch digitale Medien gematerte Gehirn erholen kann, das Belohnungssystem ergo wieder ins Gleichgewicht kommt.

Immerhin lassen sich in einer durchdigitalisierten Welt überall Glückshormone freisetzen, etwa mittels einer guten Serie auf Netflix oder auch Likes auf Facebook, Instagram und Tiktok. Das Problem: je häufiger der Glücksrausch, desto weniger intensiv fällt er künftig aus. Ein zeitweiser Verzicht kann hier Abhilfe leisten, heißt es vonseiten mehrerer Neurobiologen auf "Quarks".

"Raw-Dogging" auch gut für Nicht-Teilnehmende

Ob das auch fürs "Raw-Dogging" gilt, ist jedoch unklar. Ebenso, warum es überwiegend Männer sind, die sich fürs Raw-Dogging begeistern. Vielleicht liegt es an Idris Elba, vielleicht aber auch nicht.

Doch unabhängig der Gründe hat der Trend auch für alle anderen Nicht-Teilnehmenden etwas Gutes: Eine Person weniger, die sich während eines Fluges laut verhalten könnte.