Gehsteigbelästigung: Deutschland schützt Schwangere vor Abtreibungsgegnern

Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland massiv umstritten. Regelmäßig gibt es Proteste.

Mit Plakaten und Sprechgesängen protestieren einige Abtreibungsgegner:innen vor Beratungsstellen, Praxen und Kliniken. Überall dort, wo über Schwangerschaftsabbrüche aufgeklärt wird oder sie durchgeführt werden.

Die Protestaktionen in unmittelbarer Nähe der medizinischen Einrichtungen werden als Gehsteigbelästigung bezeichnet. Sie können für Frauen belastend in einer ohnehin schon schwierigen Situation sein. Der Bundestag geht jetzt dagegen vor – mit einer Änderung im Schwangerschaftskonfliktgesetz.

Radikalen Abtreibungsgegnern drohen hohe Bußgelder

Wer Schwangere vor Arztpraxen oder Beratungsstellen belästigt oder ihnen gar erschwert, die Einrichtungen zu betreten und zu verlassen, muss künftig mit einem Bußgeld rechnen. Das gilt auch für diejenigen, die dort versuchen, Schwangeren die eigene Meinung aufzudrängen. Das hat der Bundestag am Freitag (5. Juli) beschlossen. Der Bundestag beschloss eine entsprechende Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. In namentlicher Abstimmung votierten 381 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 171 lehnten ihn ab.

Der Hintergrund: In der Vergangenheit wurden Schwangere von Abtreibungsgegner:innen häufig erheblich unter Druck gesetzt oder mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten konfrontiert.

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Diese "wahrnehmbaren Verhaltensweisen in einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich" entsprechender Einrichtungen sind nun untersagt, wie es in dem vom Bundeskabinett vorgelegten Gesetzesentwurf heißt. Die sogenannten Gehsteigbelästigungen werden mit Bußgeldern von bis zu 5000 Euro geahndet. Laut Entwurf werden Verstöße als eine Ordnungswidrigkeit erfasst.

Familienministerin bezeichnet Gesetzesänderung als "wichtigen Schritt"

Durch die Gesetzesänderung werden Schwangere künftig stärker vor Abtreibungsgegnern geschützt. Die strengeren Regeln seien demnach ein "wichtiger Schritt zur Stärkung der Rechte von Frauen", sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus der Deutschen Presse-Agentur.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus befürwortet das härtere Vorgehen gegen Gehsteigbelästigung.

Die Bundesregierung wolle den "Spießrutenlauf für Schwangere" beenden. Dabei werde auch eine Balance zu wichtigen Grundrechten wie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewahrt, versicherte sie.

Gehsteigbelästigung: Harsche Kritik von CDU

Während Familienministerin Paus die Gesetzesänderung als positiv bewertet, sorgte das Vorhaben bereits vor der finalen Abstimmung für Aufregung. Aus der CDU kam teils harsche Kritik.

Abtreibungsgegner:innen dürfen künftig nicht mehr vor gewissen Einrichtungen protestieren.

Die Rechtsausschuss-Vorsitzende Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die Ampel hat auch auf Nachfrage nicht belegen können, dass es Probleme gibt, die sich mit allgemeinem Ordnungsrecht in der Abwägung von Meinungsfreiheit und Schutz vor Belästigung nicht regeln ließen."

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In Frankreich wird das Recht auf Abtreibung in der Verfassung festgeschrieben. In Deutschland sieht das noch ganz anders aus.

Hierzulande sind Schwangerschaftsabbrüche eigentlich rechtswidrig. Wer abtreibt, kann bestraft werden – mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Vorausgesetzt, die Abtreibung wird erst nach den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft durchgeführt.

Die in Paragraf 218 des Strafgesetzbuches festgeschriebenen Regeln sind umstritten. Sie stellen nach der Meinung von Kritiker:innen einen vehementen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen dar. Deshalb gehen sie regelmäßig auf die Straße und protestieren. Sie fordern die Entkriminalisierung von Abtreibungen.

(Mit Material von dpa)