EM 2024: Toni Kroos mit heftiger Kritik an Entwicklung beim DFB

Toni Kroos könnte gegen Spanien sein letztes Karrierespiel absolvieren.

In Spanien wird Toni Kroos wie ein Heiliger verehrt. Am Freitagabend wollen sie aber alle seine Karriere beenden. Sein früherer Real-Kollege Joselu hat bereits gesagt, er wolle Kroos "in den Ruhestand schicken" und auch Dani Carvajal möchte den 34-Jährigen in die "Rente" befördern.

Toni Kroos hat dem natürlich etwas entgegenzusetzen, er erwarte nicht, dass das Viertelfinale gegen Spanien das letzte seiner Karriere sein werde.

Vor dem Spiel hat sich der zentrale Mittelfeldspieler auf recht unbewegtes Terrain bewegt und war zu Gast in dem gesellschaftspolitischen Podcast "Lanz & Precht", den der ZDF-Moderator Markus Lanz gemeinsam mit dem Populärphilosophen Richard David Precht aufnimmt.

Markus Lanz fragt Toni Kroos nach "Leistungsbereitschaft"

Lanz hat den deutschen Nationalspieler dabei unter anderem eine Frage gestellt, die ihn seit Längerem beschäftigt:"Die Frage der Leistungsbereitschaft", vor allem bei der jüngeren Generation. Der ZDF-Moderator fragte: "Wie kriegen wir unsere Kinder hungrig?"

"Finde ich einen interessanten, wichtigen Punkt, bei dem man merkt, dass das nachlässt", sagte Kroos. "Weil ich auch das Gefühl habe, dass wir mit deutlich weniger zufrieden sind, als das mal war."

Es gebe dabei auch Punkte, die ihm nicht gefallen. Im Jugendfußball werde teilweise bei Ergebnissen nicht mehr mitgezählt, sagte Kroos, "nicht, dass da noch irgendjemand traurig ist, weil er verloren hat und so weiter, und das sind dann Veränderungen, die in die komplett falsche Richtung gehen".

DFB-Reform im Jugendfußball führt zu Missverständnissen

Im vergangenen Jahr gab es eine Reform des DFB im Kinder- und Jugendfußball, die etwa auch von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke oder Steffen Baumgart hinsichtlich eines geschmälerten Leistungsgedankens kritisiert wurden. In der Gemengelage wurden allerdings einige Punkte grundlegend missverstanden.

Dass etwa der Ausgang eines Spiels keine Rolle mehr spiele, ist schlicht falsch."Bei den Kindern geht es immer um das Ergebnis, die wollen immer gewinnen, die wollen immer gut spielen", sagte der damalige U15-Trainer Christian Wück der Sportschau. Es solle der Druck von außen reduziert werden. "Wichtig ist, dass es bei den Trainern, Eltern und Verwandten nicht um das Ergebnis geht."

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Das "Gewinnen-Wollen", wofür man auch mal verlieren müsse, sagte Kroos weiter, werde dadurch "extrem entschleunigt". Er finde, "dass wir genau das brauchen". Bei seinen Kindern sei es ihm völlig egal, was sie machen, es gehe nur darum, dass sie "in dem, was sie machen, versuchen der Beste zu werden".

Kroos spricht über Unterschiede von Deutschland und Spanien

Im weiteren Verlauf wurde Toni Kroos, der seit zehn Jahren in Spanien lebt, zu den Unterschieden zwischen seiner Wahlheimat und Deutschland befragt."Ich finde Deutschland nach wie vor ein tolles Land, aber es ist zumindest nicht mehr das Deutschland, das es vielleicht vor zehn Jahren war", sagte Kroos.

Worauf Lanz wissen wollte, was sich denn verändert habe. Kroos:

"Ein Gefühl davon ... wie drückt man das am besten aus, ohne in eine Ecke gestellt zu werden ... Wenn ich es mit Spanien vergleiche: Ich habe eine siebenjährige Tochter. Wenn sie älter wird und jemand würde mich aktuell fragen, würdest du deine Tochter mit 14 tendenziell abends um 23 Uhr in Spanien oder in einer deutschen Großstadt herauslassen, wäre ich aktuell eher bei Spanien."

Vor zehn Jahren hätte er "so viele Bedenken, ob es ihr tatsächlich gut geht und sie unbeschadet nach Hause kommt, nicht gehabt".

Toni Kroos äußert sich zum Thema Migration

Das führte die Gesprächspartner zu einem allgemeinen Gespräch über die Probleme, die sie in Deutschland jeweils wahrnehmen. Man merke etwa, sagte Kroos, dass ein Thema, das die Menschen beschäftige, die Migration sei, ein "klares Thema".Eigentlich zeige man, "mit was für offenen Händen dieses Land Leute begrüßt und ich finde das sensationell."

Er glaube nur, "es war einfach zu unkontrolliert". Man habe es nicht geschafft, diesen grundsätzlich sehr positiven Ansatz oder Gedanken, den er zu 1000 Prozent unterstütze, aufrechtzuerhalten. "Man hat das einfach unterschätzt", sagte Kroos.

"Und klar, wenn ganz viele Menschen kommen, dann gibt es immer einen Prozentteil – wie es bei Deutschen genauso ist – der uns nicht guttut". Wenn man nicht unterscheiden könne, zwischen denen, die uns nicht guttun, dann werde es am Ende schwierig. "Und dann wird auch die Haltung der Deutschen zu dem Thema immer geteilter, obwohl der Grundgedanke, dass Menschen kommen, die wir offenbar auch brauchen, da ist."