Größter CO2-Filter der Welt in Island in Betrieb genommen

Island ist künftig das Zuhause von gleich zwei innovativen Kohlendioxid-Filtern.

Die steigende Konzentration von Kohlendioxid (CO₂) in der Atmosphäre besorgt Wissenschaftler:innen und Umweltschützer:innen weltweit. Als Treibhausgas fängt CO₂ die Wärme in der Atmosphäre ein und trägt so zur Klimakrise bei. Derzeit liegt der Kohlendioxid-Gehalt bei etwa 415 ppm (Teilchen pro Million), was den höchsten Stand seit mindestens 800.000 Jahren darstellt. Diese Zunahme ist hauptsächlich auf menschliche Aktivitäten wie die Verbrennung fossiler Brennstoffe oder die Entwaldung zurückzuführen.

Schon länger gibt es daher Verfahren, um CO₂ abzufangen und zu speichern. Diese funktionieren jedoch nur, wo Kohlendioxid auch in großen Mengen vorkommt, zum Beispiel im Abgas von Kohlekraftwerken. Dabei wird maximal so viel CO₂ eingefangen, wie auch ausgestoßen wird. Eine Art Emissionsvermeidung also.

Das Kohlendioxid direkt aus der Luft zu filtern und damit "negative Emissionen" zu erreichen, war daher lange Zeit nur ein Wunschtraum. Inzwischen gibt es allerdings mehrere Verfahren, die genau das ermöglichen. In Island ist jetzt die laut Angaben des Betreibers größte Anlage zur Kohlendioxidabscheidung an den Start gegangen. Es ist nicht die erste in dem Inselstaat, verspricht jedoch nie da gewesene Dimensionen an gefiltertem Kohlendioxid.

Island bekommt den zweiten CO2-"Staubsauger"

Auf dem Gelände des Geothermiekraftwerks Hellisheiði im Südwesten Islands, etwa 30 Kilometer von der Hauptstadt Reykjavík entfernt, hat die Schweizer Firma Climeworks die CO₂-Filter-Anlage "Mammoth" in Betrieb genommen.

"Mammoth" verfügt über 72 Filter-Kollektoren, die bei voller Auslastung bis zu 36.000 Tonnen CO₂ pro Jahr aus der Atmosphäre filtern sollen. Laut einem Bericht von "Heise online" sind bisher allerdings nur zwölf davon in Betrieb, weitere sollen im Laufe des Jahres hinzukommen.

Vor der Verarbeitungshalle stehen die ersten elf Kollektoren.

Kohlendioxid wird gefiltert und gespeichert

Das Kohlendioxid wird in der Anlage direkt aus der Luft abgeschieden und gespeichert. Der Prozess besteht aus dem Ansaugen der Luft und dem Binden des CO₂ an ein Sorptionsmittel. Zuletzt erfolgt dann die Reinigung des Sorptionsmittels, damit das Verfahren von vorne beginnen kann.

Sobald das CO₂ aus den Filtern freigesetzt ist, wird es in Meerwasser gelöst und von einem isländischen Partner von Climeworks in bis zu 1000 Meter tiefe Hohlräume im Untergrund transportiert. Dort reagiert es in einem natürlichen Prozess mit dem porösen Gestein, verwandelt sich in stabile, quasi versteinerte Mineralien und lässt sich so dauerhaft speichern.

Von hier aus transportiert das Partnerunternehmen Carbfix das CO₂ in die Tiefe

Weitere Kohlendioxid-Filter sind geplant

Nach einer ersten Pionieranlage in der Schweiz hatte Climeworks seinen ersten kommerziellen Kohlendioxid-Filter namens "Orca" 2021 ebenfalls in Island errichtet. Das Vorgänger-Werk filtert jährlich allerdings nur 4000 Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre und ist damit die kleine Schwester von "Mammoth".

Climeworks gab laut "Heise online" bei der Präsentation seiner neuen Anlage bekannt, dass es derzeit auch Möglichkeiten für die Kohlendioxidabscheidung in Kanada, Norwegen, Oman und Kenia prüft.

Video: YouTube/Climeworks

In den USA sitzt außerdem eine der wenigen Konkurrenz-Firmen von Climeworks, die sich auf dieselbe Technologie konzentriert hat: das kanadische und von Bill Gates unterstützte Unternehmen Carbon Engineering. Die Firma will auch "Mammoth" noch toppen: mit einer Anlage, die derzeit in Texas gebaut wird und 500.000 Tonnen CO₂ jährlich der Umgebungsluft entnehmen soll. Schon 2025 soll das Werk in Betrieb gehen.

CO2-Staubsauger sind teuer

Die Verfahren für die Abscheidung von CO₂ sind allerdings immer noch sehr teuer. Die Kosten für die Filter-Technologie sollen sich zwischen 100 bis 1000 Dollar pro Tonne CO₂ bewegen.

Climeworks ist daher stark auf Investor:innen und große Unternehmen wie Microsoft angewiesen, das zu den ersten Firmenkunden von "Orca" gehört hatte. Vergangenes Jahr konnte sich Climeworks laut "Heise online" demnach satte 650 Millionen Dollar von Investmentfirmen sichern.

Auch wenn sich Expert:innen teils immer noch uneins über die Effektivität des teuren und energieintensiven Verfahrens sind, scheint Climeworks mit dem Bau der Anlage einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben. Für die Abscheidung werden bereits Erneuerbare Energien genutzt.