Hochwasser-Katastrophe: Experte wagt düstere Prognose zu Starkregen

Die Hochwasserlage im Südwesten Deutschlands ist immer noch angespannt.

Nach den verheerenden Überschwemmungen im Saarland wurden jetzt auch Bayern und Baden-Württemberg nach heftigem Starkregen von Hochwasser heimgesucht: Wohngebiete wurden evakuiert, Schulen geschlossen, Menschen in Notunterkünften untergebracht. Am Wochenende starb ein Feuerwehrmann in Bayern in den Fluten, am Montag wurde eine Frau tot in einem Keller aufgefunden. Auch aus Baden-Württemberg wurden zwei Tote vermeldet. Noch immer wird ein Mensch vermisst.

Dass Menschen wegen starken Regenfällen in Not geraten, Hochwasser und Überschwemmungen auftreten, ist schon immer so gewesen. Doch die Frequenz und die Intensität der letzten Hochwasserkatastrophen in Deutschland deutet dennoch auf einen direkten Zusammenhang mit der Klimakrise hin. Das Frühjahr 2024 war in Deutschland das wärmste seit Messbeginn im Jahr 1881. Klimaforscher:innen befürchten deshalb, dass solche Ereignisse noch weiter zunehmen werden.

Klimawandel begünstigt Starkregen

Dass die Klimakrise nicht nur höhere Temperaturen, sondern auch stärkere Regenfälle bedingt, ist bekannt: Im Frühjahr 2024 dürften laut Angaben des "Focus" rund 235 Liter pro Quadratmeter im deutschlandweiten Mittel gefallen sein. In der Referenzperiode 1961 bis 1990 waren es 186 Liter pro Quadratmeter, in der Periode 1991 bis 2020 171 Liter pro Quadratmeter.

Mehrere Studien und der aktuelle Sachstandsbericht der IPCC belegen eine klare Zunahme von Starkregenereignissen in Mitteleuropa spätestens seit den 1990er Jahren. Laut Datenauswertungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ist die Zahl der Rekorde bei Tagesregenmengen weltweit im Vergleich 1950 bis 1980 um etwa 30 Prozent gestiegen. Das bedeutet: Rund einer von vier Rekorden ist schon jetzt auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen.

Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erklärte dem Focus, dass der direkte Zusammenhang darin liegt, dass warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und somit auch abregnen kann. Deshalb führen durch den CO₂-Ausstoß erhöhte Temperaturen auch zu mehr Extremniederschlägen – seltener, aber heftiger.

Für das alltägliche Leben bedeutet das laut dem Klimaforscher: Für Landwirt:innen wird das Wetter unberechenbarer, wochenlange Dürren wie auch sintflutartige Regenfälle können die Lebensmittelproduktion erheblich beeinträchtigen. Zudem ist vielerorts die Infrastruktur nicht auf solche Wassermengen ausgerichtet: Kanalisationen laufen über, Straßen werden überflutet, Dämme brechen.

Extremwetterereignisse könnten weiter zunehmen

Seit Jahren nähmen die Wetterextreme kontinuierlich zu, sagt Rahmstorf. Er sieht diesen Trend sich auch noch weiter fortsetzen, "solange die Welt nicht die Klimaneutralität erreicht hat". Es könnte dabei künftig sogar zu ganz neuen Wetterereignissen kommen, die es in der jüngeren Vergangenheit so noch nicht gegeben hat.

Aus seiner Sicht gilt es zu handeln. Es sei wichtig, durch raschen Klimaschutz das Unbeherrschbare zu vermeiden und sich gleichzeitig an den unvermeidlichen Teil des Klimawandels so gut wie möglich anzupassen, erklärt Rahmstorf.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert angesichts der Hochwasserlage im Süden Deutschlands ein Umdenken: "Allen voran braucht es mehr Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und Bereitschaft der Gesellschaft, das Problem gemeinsam anzugehen und auch selber aktiv zu werden", sagte Präsident Uwe Brandl der "Augsburger Allgemeinen".

In Heidelberg ist die Neckar wegen der extremen Regenfälle über das Ufer getreten.

Stefan Rahmstorf befürchtet, dass das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens verfehlt wird. Maßnahmen, die Infrastruktur an die weiteren drohenden Extremwettereignisse anzupassen, erlahmten oft wegen der hohen Kosten. Dem "Spiegel" sagte der Klimaforscher: "Machen wir uns keine Illusionen: An drei Grad Erhitzung werden wir uns kaum anpassen können. Denn drei Grad würden nicht doppelt so schlimm, sondern viel schlimmer."

Sobald bestimmte kritische Grenzen überschritten werden, mache das die Schäden schlagartig viel schlimmer. Außerdem würden bei einer derart starken Erwärmung Kipppunkte ausgelöst, die das weltweite Klimasystem grundlegend verändern könnten.